Die Olympischen Spiele 1972 in München wurden von einem schrecklichen Terroranschlag überschattet. Am 5. September drangen acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September in das olympische Dorf ein und nahmen elf Mitglieder des israelischen Delegation als Geiseln, die allesamt zu Tode kamen, entweder während der Geiselnahme oder beim gescheiteren Befreiungsversuch auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck. Die Spiele sollten ursprünglich trotzdem weitergehen, wurden nach Protesten von Teilnehmern und Zuschauern für einen halben Tag unterbrochen. Außerdem wurde eine Trauerfeier für die Getöteten abgehalten, an der 80.000 Menschen teilnahmen. Willi Daume, der Präsident des Organisationskomitees, rechtfertigte die Olympia-Fortsetzung folgendermaßen: „Es ist schon so viel gemordet worden – wir wollten den Terroristen nicht erlauben, auch noch die Spiele zu ermorden.“
In München wird das 50. Jubiläum der Spiele mit entsprechenden Projekten begangen, die auch dieses schlimme Ereignis nicht aus den Augen verlieren. Eines davon wird vom Boxwerk München, dem Bayerischen Boxverband und Jasmine Ellis Projects in Kooperation mit dem Staatstheater am Gärtnerplatz, den Bayerisches Junior Ballett München und der Heinz-Bosl Stiftung begangen. Für Projektleitung und Konzept zeichnet Boxwerk-Chef Nick Trachte verantwortlich, Jasmine Ellis für die Choreographie. Dabei geht es um die Parallelen von Kampfsport und Tanz.
Ist Boxen ein Tanz? Die Parallelen von körperlicher Spitzenleistung in Verbindung mit räumlicher und künstlerischer Präzision sind unübersehbar. Kampfkunst und Tanz gehören zu den ältesten Ausdrücken kulturellen Handelns. Sie sind Kunstformen, die stark integrativ arbeiten und Menschen verschiedenster Nationalität und Kultur miteinander verbinden. Sie teilen Inhalte wie Rhythmus, Vertrauen, Respekt oder Durchhaltevermögen.
Im Boxen und im Tanz treten Künstler_innen der Präzision und Körperbeherrschung an. Beide sind darin geschult, in Sekundenbruchteilen Entscheidungen der Wahrnehmung und Reaktion zu treffen. Die Brutalität des Balletts wird oft übersehen und die Anmut des Boxens entgeht vielen. Zusammen können sich beide Disziplinen gegenseitig neu gestalten.
Das Projekt ist eine Zusammenarbeit klassischer Tänzer_innen vom Staatstheater am Gärtnerplatz, dem Bayerischen Junior Ballett München und Profi-Boxern vom Boxwerk München, eingerahmt von internationalen Vergleichskämpfen im Olympischen Boxen der Elite. Dass dabei die israelische Boxstaffel im originalen Boxring der Olympischen Spiele München 1972 auf Athleten des Bayerischen Boxverbandes trifft, folgt der Überzeugung, dass Rassismus und Antisemitismus keinen Platz in der Gesellschaft haben dürfen.
Das Event findet am 8. Juli im Olympiapark Theatron von 16 bis 22 Uhr statt, der Eintritt ist frei. Sollte die Veranstaltung wetterbedingt nicht im Olympiapark steigen können, wird sie in die Hallen des Boxwerks verlegt. In der neuen Location der Münchner Traditionsinstitution gehört der erwähnte Original-Boxring aus dem Jahr 1972 zum Inventar.
Text: Nils Bothmann/Pressemitteilung