Jake Paul (5-0, 4 K.o.) will sich einen Namen im Profiboxen machen. Der Influencer mit Box-Lizenz hatte bisher nur gegen seinen YouTube-Kollegen Ali Eson Gib, Ex-NBA-Profi Nate Robinson und die früheren MMA-Champs Ben Askren und Tyron Woodley geboxt. In seinem sechsten Fight wollte er Tommy Fury (8-0, 4 K.o.), Teilnehmer der Reality-Show „Love Island“ und Halbbruder von WBC-Weltmeister Tyson Fury (32-0-1, 24 K.o.) gegenübertreten (BOXSPORT berichtete). Obwohl auch Fury nicht allein für seine Aktivitäten im Ring bekannt ist, wäre es der erste „richtige“ Boxer gewesen, dem sich Paul gestellt hätte. Ein erster Termin am 18. Dezember fiel aus, weil Fury sich eine Verletzung zuzog, bei der nächsten Gelegenheit kam der Fight nicht zustande, weil der Brite nicht in die USA einreisen durfte. Es könnte daran gelegen haben, dass der Fury-Familie Beziehungen zu dem Box-Paten Daniel Kinahan nachgesagt werden.
Paul suchte nach Ersatz und fand ihn in Hasim Rahman jr. (12-1, 6 K.o.), dem Sohn des früheren (Kurzzeit-)Schwergewichts-Weltmeisters. Rahman jr. boxt wie sein alter Herr in der Königsklasse, unterschrieb aber einen Vertrag, dass er für den kassenträchtigen Kampf gegen Paul auf 200 Pfund (= 90,72 Kilo) runtergehen würde, um gegen Cruisergewichtler Paul zu boxen. Als sich abzeichnete, dass „Gold Blooded“ dies nicht schaffen würde, wurde das Gewicht auf 205 Pfund (= 92,99 Kilo) hochgesetzt. Als auch dieses Ziel utopisch wurde, forderte Rahman jr. eine weitere Hochsetzung auf 215 Pfund (= 97,52 Kilo) ein. Paul wog bisher nie mehr als 195 Pfund (= 88,45 Kilo) und ist die A-Seite in dem Kampf, weshalb Rahman den Bogen damit überspannte: Das komplette Event am 6. August wurde abgesagt. Auf der gleichen Card hätte auch die von Paul promotete Championesse Amanda Serrano (42-2-1, 30 K.o.) die WBC- und WBO-Gürtel im Feder gegen Brenda Karen Carabajal (18-5-1, 9 K.o.) verteidigen sollen.
Billig dürfte die kurzfristige Absage nicht werden, denn immerhin wurde der Madison Square Garden für das Event gebucht. Rahman jr. behauptete in einem Instagram-Video, dass Paul Angst vor ihm habe, dass er den Influencer todsicher ausgeknockt hätte. Er war früher Sparringpartner des Social-Media-Stars, wobei beide unterschiedlicher Ansicht sind, wie die Trainingskämpfe gelaufen seien. „Wenn er die Story erzählt, dann hat er mir im Gym den Arsch versohlt, als ich mit 230 Pfund auf den Rippen rumgelaufen bin“, erklärte Rahman jr. in besagtem Video. „Wenn er mich also mit dem Gewicht verprügelt hat, was ist dann das Problem gegen mich zu boxen, wenn ich 210 oder 215 Pfund wiege?“
Showtime-Sport-Programmdirektor Stephen Espinoza, dessen Sender das Match übertragen hätte, sieht die Schuld dagegen eindeutig bei dem Boxer. „Wenn Rahman es nicht ernst damit meinte auf 200 Pfund runterzugehen, dann hätte er nie den Vertrag unterschreiben sollen, dass er mit dem Gewicht boxt“, sagte er gegenüber „BoxingScene.com“. „Er hätte uns nicht vier Wochen lang erzählen sollen, dass er die 200 Pfund schafft.“ Jake Paul dagegen habe sich sogar auf Rahmans letzte Forderung einlassen wollen, sei aber von seinem Team zurückgepfiffen worden. „Jake wiegt 195 Pfund, schwerer wird er nicht werden“, fuhr Espinoza fort. „Es ist nicht so, dass Jake es nicht wollte. Er wollte es, aber jeder um ihn herum – und das zu Recht in meinen Augen – sagte ihm, dass es ein Gesundheitsrisiko sei, diesen Fight anzunehmen, wenn ein Gewichtsunterschied von 20 bis 30 Pfund besteht.“
Text: Nils Bothmann