Fot - Der Schalk im Nacken, der ihn zu Universum-Zeiten auszeichnete und zu einem der beliebtesten Boxer im Hamburger Erfolgsstall machte, ist Zsolt Erdei abhanden gekommen. Der frühere Halbschwergewichts-Weltmeister, das ist auch durchs Telefon spürbar, ist bedrückt. Die eingereichte Scheidung von Ehefrau Arabella und die damit verbundene Trennung von seinem sechs Jahre alten Sohn Viktor machen dem 38-Jährigen zu schaffen. Auch die Ungewissheit um den Fortgang der sportlichen Laufbahn hatte zuletzt nicht dazu beigetragen, die Laune zu verbessern.
Dazu kam zu allem Überfluss noch der juristische Ärger, den der Ungar mit seinem früheren Promoter, den er Anfang 2010 im Streit verließ, austrug. Erdei hatte Universum auf eine Zahlung von rund 300.000 Euro verklagt, da ga-rantierte Kämpfe nicht zustande gekommen seien. Das Hamburger Landgericht gab ihm Ende 2012 recht. Das Problem: Da Universum mittlerweile einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat, wird er kein Geld bekommen. „Auf dem Papier habe ich die Summe, aber in der Hand habe ich nichts“, sagt er verbittert.
Viererturnier in Monaco
Seit Mitte Januar jedoch sieht der „Feuervogel“, so sein Kampfname, wieder einen Silberstreif am Horizont. Nach dem Abschied von Universum hatte er mithilfe seines Hamburger Managers Christof Hawerkamp, mit dem er wegen finanzieller Differenzen derzeit die Zusammenarbeit ruhen lässt, unter dem Banner von US-Promoter Lou di Bella zwei Kämpfe in Übersee bestritten. Ende 2011 musste er eine WM-Chance gegen Tavoris Cloud (USA) jedoch wegen eines Handbruchs absagen. Seitdem war es ruhig um ihn geworden, zumal ihn auch ein doppelter Rippenbruch erneut außer Gefecht setzte. Doch das Interesse aus den USA ist nicht erloschen.
Am 30. März nimmt Erdei erst einmal an einem Viererturnier in Monaco teil. In der ersten Runde trifft er auf den starken Russen Denis Grachev. Der Sieger des Finales am 13. Juli erhält eine Siegprämie in Höhe von einer Million Dollar. Im Vorprogramm in Monte Carlo soll auch Weltmeister Gennadi Golovkin seinen WBA-Titel im Mittelgewicht gegen den Japaner Nobuhiro Ishida verteidigen.
Fritz Sdunek in der Ecke
Erdei, der sich in seiner Heimatstadt Fot nahe Budapest mit einer Boxschule ein neues Standbein aufbauen möchte, hatte lange mit sich gerungen, ob er einen erneuten Comebackversuch wagen oder die Laufbahn lieber beenden sollte. Bedingung für eine Fortsetzung: Sein langjähriger Trainer Fritz Sdunek müsse bereit sein, ihn vollumfänglich zu unterstützen.
Sdunek sagte Erdei kürzlich zu, ihn nach der Titelverteidigung seines nach Vitali Klitschko zweitwichtigsten Schützlings Felix Sturm in Hamburg vorzubereiten. Deshalb ist der Ungar nun bereit, die Herausforderung anzunehmen. „Ich will mein Leben weiterleben und mein Glück suchen. Es gibt nichts, was ich besser kann als boxen, und deshalb will ich kämpfen, so lange ich das Gefühl habe, dass es noch geht“, sagt er.
Sdunek glaubt, dass Erdei den Weg zurück auf den WM-Thron noch einmal schaffen kann. „Außerdem wird ihn der Sport von seinen Problemen ablenken und ihm seine Lebensfreude zurückbringen“, sagt er.