Der BC Mülheim-Dümpten hat sich auf die Fahne geschrieben, das olympische Boxen besonders für Jungen und Mädchen bis zu einem Alter von 18 Jahren zu fördern. Auch im Breitensport leistet der Verein wertvolle Arbeit für Jung und Alt.
Ab 18 Uhr geht es montags bis freitags in der Mülheimer Westenergie-Sporthalle zur Sache. Die Trennvorhänge sind runtergefahren und teilen den Mehrzweckbereich in drei gleichgroße Flächen. Dienstags und donnerstags gehört der mittlere Bereich den Hobby- und Freizeitboxern des BC Mülheim-Dümpten. Vom Dreikäsehoch bis zum graubärtigen Senior schwitzen sie alle dann alle zum berühmten „Rocky“-Sound. Die Musik kommt aus einer Bluetooth-Box, die mit sonorem Bass gegen das „Kiaiiiiiiii“ protestiert, das die Karatekas hinter dem rechten Vorhang inbrünstig aus ihren Lungen pumpen.
Die Boxer kennen ihr kleines Einmaleins. Blutige Anfänger sind nicht dabei, denn es herrscht seit drei Monaten Aufnahmestopp. Jürgen Teschke ist der erste Vorsitzende des BC Mülheim-Dümpten. Der 62-Jährige ist Vater von drei Kindern. Tochter Verena ist aktive Boxerin im Verein. Sie ist nicht dabei, denn die Kader- oder Leistungsboxer trainieren im Anschluss, dafür aber täglich. Ihr Coach ist Frank Nierhaus. Nierhaus ist die Allzweckwaffe des Vereins und Kassierer, Sportwart sowie Leistungstrainer in Personalunion. Er betreut die Asse des Vereins, von den Nationalstaffelboxern wie Chris Marco Eloundou, Corinna Krusche sowie Hamsa Hassan bis zu den Jüngsten, die auf der Bezirksmeisterschaft Mitte Februar in Remscheid den Ring rockten: Danylo Chyhanenko, und Majid Meisswinkel. Die clevere Ciman Khalf gehört auch dazu.
BC Dümpten zählt 240 Mitglieder
Apropos Namen. Großartige Sportler gab und gibt es hier viele. Vor den Medaillengewinnern von heute haben andere Dümptener national und international abgeräumt. Etwa René Eckermann, Mustafa Esgin, Helmut Krogull, Michael Prikker, Harald Rodewies oder Kazim Yesilyurt. Aber auch Achim und Morad Möllenbeck sowie Michelle Hatari, Hadi Nasef und Harun Aktas-Beier. Die Siegerliste lässt sich beliebig erweitern.
Aktuell zählt der Verein 240 Mitglieder, davon boxen 24 auf Meisterschaften und Turnieren. Die Sportler werden derzeit von vier Trainern betreut: Frank Nierhaus kümmert sich um die Top-Athleten. Peter Kowalewski, Djimi Sapesi und Manfred Henn sind für die Breitensportler, den Nachwuchs und, nach dem Aufnahmestopp, für die Anfänger verantwortlich. Henn ist auch der zweite Vorsitzende und hat seinen Trainer- und Vorstandskollegen einiges an Erfahrung voraus. Immerhin ist er 79 Jahre alt.
Wechselvolle Geschichte
Teschke ist stolz auf seinen Verein, dessen Wurzeln bis in das Jahr 1975 zurückreichen. Damals gründeten Dieter Gehrke, Siggi Hahn, Manfred Henn, Horst Herbertz und Ernesto Zaniol eine Boxabteilung bei der Spielvereinigung (SpVgg) Dümpten 13. Ihr Ziel war es, den Boxsport in Mülheim breiter aufzustellen und, mit dem Segen des legendären Ringfrei Mülheims, diesen bei seiner Nachwuchsarbeit zu entlasten. Teschke war damals 14 Jahre alt und ist eines der Gründungsmitglieder. Genauso wie Breitensporttrainer Peter Kowalewski. Der war es auch, der als erster Boxer für Dümpten an einem Wettkampf teilnahm.
Die SpVgg Dümpten 13 löste sich 2004 auf und die Boxer sowie ein Team aus gehandicapten Sportlern (integrative Gruppe) schlossen sich als neue Sparten dem Dümptener Turnverein an. 2006 trennte man sich wieder vom Turnverein und der BC Mülheim-Dümpten mit den Abteilungen Boxen und integrativem Sport wurde aus der Taufe gehoben. Teschke wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt und ist dies bis heute. Detlev Schierok ist der Geschäftsführer des Clubs und Abteilungsleiter der integrativen Gruppe. Seine Schützlinge und die Boxer sitzen nicht nur sprichwörtlich im selben Boot. Sie nahmen bereits mehrfach an Drachenbootregatten teil. Der unumstößliche Jahreshöhepunkt ist das gemeinsame Sommerfest.
Mülheimer Box-Tradition erhalten
Abdallah „Abi“ Guettari gebührt ebenfalls hohe Anerkennung. Der ehemalige Nationalstaffelboxer gehörte zu denjenigen, die den „neuen“ BC Mülheim-Dümpten einspurten. Doch wer über Boxen in Mülheim spricht, streift zwangsläufig den BC Ringfrei Mülheim, den legendären Deutschen Meister, Heimat von Peter Hussing und Werner Schäfer und dessen hemdsärmelige Fans, die bei den Gegnern genauso gefürchtet waren, wie die berühmten Faustkämpfer ihrer noch berühmteren Bundesligastaffel.
Doch was ist aus dem gefeierten Ringfrei von einst geworden, der 1975 bei der Gründung als „Pate“ zur Seite stand? Ringfrei geriet wirtschaftlich zunehmend ins Abseits. 2006 suchte deren Vorstand Jürgen Teschke auf und schlug vor, Dümpten und Ringfrei zusammenzuschließen. Beide Seiten tauschten sich über die möglichen Szenarien aus und besprachen die Pros und Kontras einer Fusion. Doch Teschke sah seinen Club unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt. Der Ringfrei-Vorstand sah es ähnlich und behandelte die Sache pragmatisch, ohne falschen Stolz und zum Wohle seiner Mitglieder: Ringfrei Mülheim ging im BC Mülheim-Dümpten auf. Böse Zungen behaupteten, dass der kleine Fisch den großen gefressen hätte. Teschke sieht das anders: „Am Ende gab es nur Gewinner, allen voran den Mülheimer Boxsport und die vielen Mitglieder der beiden Vereine.“ Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Einen Zuwachs bei den Ehrenmitgliedern hatten wir auch – Werner Schäfer zum Beispiel. Er ist seit 2006 Dümptener.“
Was macht den BC Mülheim-Dümpten eigentlich aus? Es ist das Einstehen einer für den anderen, dass faire Miteinander, dass auch nach dem Training anhält und der Zusammenhalt. Manche Familien sind bereits in der dritten Generation Vereinsmitglieder und Teschke hofft, dass noch viele Generationen hinzukommen werden.
Text Wolfgang Wycisk