Am 20. Juli 2024 treffen im AT&T Stadium zwei Boxwelten aufeinander: Beim Kampf von Mike Tyson (57) und Jake Paul (27) geht es nicht um sportliche Leistung, sondern vor allem um eine rekordverdächtige Gage.
Am 20. Juli 2024 wird das AT&T Stadium in Arlington, Texas, zum Schauplatz eines außergewöhnlichen Boxereignisses. Mike Tyson, die 57-jährige Boxlegende, tritt gegen den 27-jährigen YouTube-Star und Boxneuling Jake Paul an. Dieser Kampf, dessen Übertragungsrechte exklusiv von Netflix gesichert wurden, zieht bereits ein enormes Interesse auf sich. Medial wie kommerziell. Die erwarteten Einnahmen, allein aus den Ticketverkäufen, belaufen sich auf etwa 60 Millionen US-Dollar, zuzüglich der zusätzlichen, nicht unerheblichen Einnahmen aus Streaming und Sponsoring. Netflix überträgt den Showkampf weltweit.
Showkampf: Box-Rentner vs Influencer
Das bevorstehende Duell zwischen Mike Tyson und Jake Paul wurde zwar vom Texas Department of Licensing and Regulation zum Profikampf erhoben. Den Boxsport im Allgemeinen und das Schwergewichtsboxen im Besonderen wird er jedoch nicht voranbringen. Zu sehr steht der Sport bei dieser Veranstaltung im Hintergrund. Zu offensichtlich ist die Intention, Kasse zu machen. So wird der Kampf unter einem Regelwerk stattfinden, das sich von sportlichen Boxkämpfen unterscheidet. Um die Sicherheit der Kämpfer zu gewährleisten und den Showcharakter des Events zu betonen.
Zunächst einmal wird die Dauer der Runden angepasst. Anstatt der üblichen drei Minuten pro Runde, werden Tyson und Paul nur zwei Minuten pro Runde im Ring stehen. Diese Reduzierung der Rundenzeit soll die Intensität des Kampfes erhöhen und gleichzeitig das Risiko von Erschöpfung und damit verbundenen Verletzungen reduzieren. Dies ist besonders im Hinblick auf Tysons Alter und die damit einhergehenden gesundheitlichen Bedenken relevant.
Besonderes Regelwerk für Tyson vs. Paul
Darüber hinaus wird die Anzahl der Runden begrenzt sein. Anstelle von zwölf Durchgängen, wie bei einem internationalen Titelkampf üblich, werden die beiden Kontrahenten nur acht Runden gegeneinander antreten. Aber es ist schließlich auch kein offizieller Titelkampf. „Belastungssteuerung“ – ein Stichwort, das im Fußball zurzeit häufig verwendet wird – ist dafür verantwortlich. Diese Anpassung hilft, die Belastung für die Athleten zu kontrollieren. Zugleich stellt man so sicher, dass der Kampf eine konzentrierte Auseinandersetzung bleibt, ohne die Athletik der Kämpfer übermäßig zu strapazieren.
Ein weiterer signifikanter Unterschied zu regulären Boxkämpfen ist die Ausrüstung, insbesondere die Handschuhe. Für diesen Kampf werden beide Boxer 16-Unzen-Handschuhe tragen, im Vergleich zu den üblicherweise in Profikämpfen verwendeten 10-Unzen-Handschuhen. Die schwereren Handschuhe dämpfen die Schlagkraft und reduzieren somit das Risiko schwerer Verletzungen. Diese Maßnahme schützt die Gesundheit der Sportler. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Kopfverletzungen und deren Langzeitfolgen in der Boxwelt zunehmend ein Thema von Bedeutung sind.
Tyson vs. Paul – Sieg nur durch K.o.
Interessanterweise wird es bei diesem Kampf keine Punktrichter geben. Der Sieger des Kampfes wird somit ausschließlich durch K.o. oder technischen K.o. ermittelt. Oder der Kampf endet unentschieden, falls keiner der Kämpfer ausgeknockt wird. Auch diese Regelung trägt zum Showcharakter des Events bei. Es geht weniger um einen offiziellen sportlichen Wettkampf, als vielmehr um Unterhaltung für das globale Publikum.
Auch die medizinische Überwachung wird strenger sein als bei üblichen Kämpfen. Beide Kämpfer müssen umfangreiche medizinische Tests bestehen, um ihre Fitness und Kampffähigkeit nachzuweisen. Für Tyson, mit seinen 57 Jahren, sind diese Prüfungen besonders intensiv, einschließlich Herz-Kreislauf-Tests und neurologischer Untersuchungen, um sicherzustellen, dass keine gesundheitlichen Risiken mit seiner Teilnahme verbunden sind.
30 Jahre Altersunterschied
Über die Boxkarriere von Mike Tyson zu referieren, wäre Eulen nach Athen tragen. Zu bekannt ist die Laufbahn des jüngsten Boxweltmeisters aller Zeiten im Schwergewicht, der von seinen 50 Siegen, 44 durch K.o. erzielte. Darum nur einige Schlaglichter: Am 22. November 1986 schlägt Tyson Weltmeister Trevor Berbick in der zweiten Runde k.o. und schnappt sich dessen WBC-Titel. Bei diesem Kampf ist er genau 20 Jahre und 150 Tage alt. Jake Paul ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf der Welt.
Einige Kämpfe von Mike Tyson sind legendär. Etwa das 91-Sekunden-Duell gegen den zuvor in 31 Kämpfen unbesiegten Michael Spinks 1988. Doch es sind auch seine Niederlagen, die in Erinnerung bleiben und ihn berühmt und berüchtigt machten. Etwa als er 1990 in der 10. Runde gegen den 42:1-Außenseiter James „Buster“ Douglas K.o. ging. Genauso die K.o.-Niederlage gegen Lennox Lewis 2002. Und nicht zu vergessen: der „Bite-Fight“, das zweite Duell mit Evander Holyfield, 1997.
26,5 Millionen folgen Jake Paul bei Instagram
Im krassen Gegensatz dazu steht Jake Paul (9-1, 6 K.o.). Der in Puerto Rico lebende Sunny-Boy und Influencer begann seine Karriere ursprünglich in den sozialen Medien. Den Boxsport entdeckte er erst vor Kurzem für sich. In seiner jungen Karriere im Ring hat Paul neun seiner zehn Kämpfe gewonnen, sechs davon durch K.o. Im Jahr 2021 ging er als Promoter an den Start und gründete Most Valuable Promotions (MVP). Mit dem Unternehmen fördert er nicht nur seine eigene Karriere, sondern auch die anderer Boxer, zum Beispiel die von Amanda Serrano. Die eindrucksvollsten Zahlen zu Jake Paul sind allerdings nicht boxerischer Natur. Da sind vielmehr digitale Benchmarks zu nennen. So zum Beispiel die 26,5 Millionen Follower bei Instagram und die 20,7 Millionen Abonnenten seines Youtube-Channels.
Tyson vs. Paul – so läuft die Kampf-Vorbereitung
In Vorbereitung auf den Showkampf gegen Jake Paul, verfolgt Mike Tyson ein intensives Trainingsregime. Jeden Morgen beginnt Tyson seinen Tag mit einem langen Lauf, um seine Kondition zu steigern. Darauf folgt eine Mischung aus Sparring und Krafttraining. Seine Trainingseinheiten sind darauf ausgerichtet, sowohl seine Schlagkraft als auch seine Beweglichkeit im Ring zu maximieren. Trotz seines fortgeschrittenen Alters legt Tyson einen enormen Fokus auf körperliche Fitness. Dabei unterstützt ihn ein Team aus Trainern und Ernährungswissenschaftlern, die seine Diät und sein Workout genau abstimmen. Dieses anspruchsvolle Trainingsprogramm spiegelt Tysons Entschlossenheit wider, sich auch im fortgeschrittenen Alter noch mit jüngeren Gegnern messen zu können.
Vorbereitung von Jake Paul
Jake Paul bereitet sich nach eigenem Bekunden akribisch auf den Kampf gegen Mike Tyson vor. Seine Vorbereitung umfasst ein umfangreiches Trainingsprogramm, das von Techniktraining über Sparring bis hin zu konditionellen Einheiten reicht. Paul arbeitet eng mit einem Team aus erfahrenen Boxtrainern zusammen. Die helfen ihm, seine Technik zu verfeinern und seine physische Leistungsfähigkeit zu steigern. Besonderes Augenmerk legt er auf die Analyse von Tysons früheren Kämpfen. Dadurch will er dessen Stärken und Schwächen identifizieren und entsprechende Strategien zu entwickeln. Zusätzlich zu den physischen Aspekten nimmt Paul auch psychologisches Training in Anspruch. Damit will er sicherstellen, auch mental auf die Herausforderung vorbereitet zu sein, gegen eine lebende Boxlegende anzutreten.
Tyson vs. Paul – die wirtschaftliche Dimension
Der bevorstehende Kampf zwischen Mike Tyson und Jake Paul verspricht, weit mehr als nur ein sportliches Spektakel zu sein. Er stellt ein bedeutendes wirtschaftliches Ereignis dar, das beträchtliche finanzielle Wellen schlagen wird. Die ökonomische Tragweite dieses Events ist immens, angetrieben durch Ticketverkäufe, Übertragungsrechte, Sponsoring und Merchandising.
Das AT&T Stadium in Arlington, Texas, erwartet am Kampftag bis zu 80.000 Zuschauer. Somit würde allein der Verkauf von Eintrittskarten Einnahmen in Höhe von etwa 60 Millionen US-Dollar generieren. Die Tickets, deren Preise von einigen hundert bis zu mehreren tausend Dollar reichen, spiegeln das enorme kommerzielle Interesse an diesem Event wider.
Ein weiterer bedeutender finanzieller Aspekt ist der exklusive Streaming-Vertrag mit Netflix. Die Streamingplattform hat sich die Übertragungsrechte gesichert. Für welche Summe ist nicht bekannt. Jedoch ist davon auszugehen, dass sie sicherlich in die Millionen geht. Netflix erhofft sich durch diesen Kampf nicht nur hohe Zuschauerzahlen. Vielmehr strebt man einen Anstieg bei den Abonnements an, was die Plattform im hart umkämpften Streaming-Markt weiter stärken könnte.
Jake Paul hat in Interviews prognostiziert, dass der Kampf ihm möglicherweise Einnahmen von bis zu 300 Millionen US-Dollar einbringen könnte. Auch für Mike Tyson, dessen Gage zwar nicht öffentlich bekannt ist bietet der Kampf eine finanzielle Großchance. Denn ansonsten wäre „Iron Mike“ wohl kaum aus der Box-Rente zurückgekehrt.
Netflix überträgt Tyson vs. Paul weltweit
Zudem profitieren nicht nur die Kämpfer selbst und die Streaming-Dienste von diesem Event. Die umfangreichen Werbe- und Sponsoring-Deals, die mit einem solchen Mega-Event einhergehen, spielen eine wesentliche Rolle. Marken aus verschiedensten Bereichen, von Sportartikeln bis zu Getränken und Technologieprodukten, sind begierig darauf, mit diesem Kampf in Verbindung gebracht zu werden.
Mike Tyson wird aufgrund seiner Erfahrung und physischen Stärke allgemein als Favorit gesehen. Jedoch sollte nicht unterschätzt werden, dass Jake Pauls Jugend und Reichweitenvorteil im Ring entscheidend sein könnten. Beide Kämpfer bringen spezifische Stärken ein, die den Kampf offen und spannend gestalten. Könnten.
Text: Andreas Ohlberger