Sarah Liegmann – aus der Ringecke: Neues Format, neue Chance fürs Boxen? 

Bevor ich loslege: Ich freue mich sehr, dass du hier bist, um meine Kolumne zu lesen. Es wird chaotisch, lustig, aber hauptsächlich 100 Prozent echt. Ich werde von vielen Anekdoten und Erfahrungen aus dem Boxen berichten, aber dir auch spannende Insights in meinen alltäglichen Wahnsinn geben. Und jetzt heißt es: Ring frei!

Insbesondere für Amateur-Boxer sieht Sarah Liegmann in der „Team Combat League“ eine große Chance. (Foto: IMAGO / Wolter)

Man sagt Boxen, sei der einsamste Sport – aber die „Team Combat League“ (TCL) will das nun ändern. Die TCL ist eine neue Box-Liga in den USA und gewinnt von Tag zu Tag an Popularität. Siea setzt sich aus mehreren Teams zusammen, die jeweils 24 Athleten in den Kampf schicken. An einem Kampfabend treten immer zwei Teams gegeneinander an, wie zum Beispiel die Orlando Vipers vs. die Huston Hitmen am 27. Mai. An einem Abend gibt es also 24 Kämpfe, von denen jeder aber immer nur aus einer einzigen Runde besteht. Bei den Männern gibt es aktuell acht Gewichtsklassen, bei den Frauen hingegen nur zwei (Feder- und Weltergewicht).

Jede Fight-Night wird in drei Perioden geteilt. Die ersten acht Runden sind die Startrunden, Runde 9-16 sind die mittleren Runden und die Runden 17-24 die Geldrunden. Jede der 24 Runden wird nach dem normalen 10:9-Punktesystem bewertet, wobei jede Runde einzeln zählt. Alle Durchgänge werden am Ende addiert – und das Team, welches am Ende die höchste Gesamtpunktzahl aus den 24 Runden erkämpft hat, gewinnt. 

Insgesamt soll es in der TCL 68 Events über das Jahr verteilt geben. Die Liga scheint für viele Boxer (mit Ausnahme der Topathleten bzw. Topverdiener) trotz der geringen Ringzeit pro Abend recht lukrativ zu sein. Denn viele Protagonisten verdienen in der TCL je nach Vertrag deutlich mehr als im Profiboxen. Und viel wichtiger: Sie bekommen saisonal ein festes Gehalt.

Wo genau liegt der Reiz? Warum ist es so interessant, für Athleten und die Zuschauer?

Ich persönlich kann den finanziellen Aspekt, der für die TCL spricht, verstehen. Allerdings sehe ich keinen großen Unterschied zum Amateurboxen. Im Endeffekt tritt man ab einem gewissen Punkt auch im Amateurboxen nicht mehr nur noch für seinen Verein, sondern beispielsweise auch für das jeweilige Bundesland oder bei internationalen Turnieren für das eigene Land an. Lediglich die Siege sammelt man für sich selbst. 

TCL bietet den Zuschauern dank seiner kurzen Kampfdauer sehr viel Action. Der Kampfstil verändert sich zudem: Jeder Boxer hat nur drei Minuten Zeit, um einen Fight für sich und sein Team zu entscheiden. Dabei geht meiner Meinung nach bei vielen Kämpfen die Technik verloren. Es wird von beiden Seiten aus nur konstant Druck gemacht, man sieht drei Minuten lang puren Infight – die Kämpfe wirken dadurch oftmals unsauber.

Eine meiner Sparringspartnerinnen aus Florida war erst vor kurzem auf einem solchen Event und erklärte in ihrer Instagram-Story, was sie als Boxerin, aber auch als Zuschauerin von der TCL hält. Sie selbst war lange Amateur-, aber auch Profiboxerin und sieht die Liga erst mal als eine große Chance für Amateure, die sich gegen den olympischen Weg entscheiden und stattdessen schnell Geld verdienen wollen. 

Viele können sich den Weg als Profi ohne großen Promoter im Rücken anfangs nicht leisten. In der TCL dagegen werden sie durch die Liga selbst, aber auch durch Teamsponsoren unterstützt. Ferner bietet die TCL den Kämpfern aktuell eine große Plattform, da man nun als Team auftritt und nicht mehr bloß als Einzelsportler. Auch die Fans feuern nicht mehr nur ihren Lieblings-Athleten an, sondern fiebern gemeinsam mit dem ganzen Team.

Als außenstehende Boxerin sei es seltsam, mitanzusehen, dass nach jeder Runde plötzlich ein anderer Akteur im Ring steht, erzählte sie mir. Aus der Sicht der Zuschauer sorgt dies allerdings für frischen Wind, und die Spannung steigt von Runde zu Runde. Ich jedenfalls werde mir das Ganze in meinem nächsten Trainingscamp live vor Ort einmal ansehen und bin sehr gespannt, wie sich die Team Combat League weiterentwickelt. 

Sarah Liegmann

Sarah Liegmann wurde am 26. Januar 2002 in Bonn geboren. Die Federgewichtlerin boxt seit 2021 als Profi, trainiert und lebt in Deutschland und in den USA. Liegmann alias „The Princess“ ist amtierende WBC-Junioren-Championesse. Zudem sicherte sich die frühere Kickboxerin den WM-Gürtel des Verbandes WBF.

Webseite: princess-boxing.de
YouTube: Sarah Liegmann
Instagram: sarahliegmann
Facebook: sarah.liegmann