Er gehört zur absoluten Speerspitze des deutschen Boxens, ist WBC-Champ im Cruisergewicht und schwebt dennoch oft unter dem Radar. In BOXSPORT sprach Noel Mikaelian unter anderem über die Titelverteidigung gegen Rozicki.
Deine erste Titelverteidigung als WBC-Champion gegen Pflichtherausforderer Ryan Rozicki wurde mehrmals verschoben. Kannst du erklären, warum?*
Noel Mikaelian: Der Kampf war ursprünglich für den 20. April geplant. Im Januar rief mich Don King an und teilte mir mit, dass die WBC mir einen Pflichtherausforderer zugeteilt hätte. Er wollte den Kampf nach Miami holen und versprach mir, dass wir nach diesem Pflichtkampf zu den „großen Fights“ und dem „großen Geld“ kommen würden. Mein Trainingscamp begann Mitte Februar, aber nach zwei Wochen wurde mir gesagt, dass der Kampf erstmal nicht stattfindet – das kanadische Team von Rozicky hatte noch nicht unterschrieben. Daraufhin wurde immer wieder verschoben, ohne dass ich richtig informiert wurde. Von Mai wurde der Kampf schließlich auf Juni verschoben und dann habe ich mir einen Cut zugezogen, weshalb die Pflichtverteidigung erneut verschoben wurde – erst in den August, schließlich auf den 14. September.
Doch bei September blieb es nicht …
Ich erfuhr über Social Media, dass der Kampf im September wieder abgesagt wurde. Angeblich, weil Don King ins Krankenhaus musste. Das war natürlich sehr frustrierend. Man muss doch nicht eine ganze Veranstaltung, an der so viele Leute beteiligt sind und mitarbeiten, wegen des Fehlen eines einzelnen Promoters absagen? Nachdem meine Pflichtverteidigung so oft verschoben und ich als Champion nicht einmal direkt informiert wurde, habe ich schließlich rechtliche Schritte eingeleitet – und meinen Anwalt gebeten, meinen Vertrag mit Don King aufzulösen. Es gab zuvor schon Ungereimtheiten, aber das war der Punkt, an dem es zu viel wurde. Jetzt kämpfe ich nicht nur um meinen Titel, sondern auch gegen Don King und dessen Management.
Der Kampf gegen Rozicky wurde nun für den 7. Dezember in Kanada terminiert, zumindest steht es so auf der Online-Plattform „Boxrec“. Was ist da dran?
Die WBC hat einen Termin für den 7. Dezember angesetzt, aber das geschah alles hinter meinem Rücken. Ich hatte eigentlich um eine Freigabe gebeten, um diesen Kampf selbst mit meinen Sponsoren organisieren zu können. Don King ist für mich inzwischen gar nicht mehr erreichbar, und ohne mein Wissen wurde ein Deal mit der WBC und dem Team von Rozicky für diesen Termin abgeschlossen.
Der Fight soll in der kanadischen Provinz in der Kleinstadt Sydney stattfinden. Ungewöhnlich, dass ein Titelverteidiger auswärts antreten muss.
Das macht die Sache für mich noch schwieriger. Dort wurden schon schlechte Erfahrungen gemacht, als Rozicki 2022 gegen Yamil Alberto Peralta boxte. Aus meiner Sicht hatte Peralta klar gewonnen. Zwei der drei Judges – alle übrigens aus der kanadischen Provinz Neuschottland, wie auch der Ringrichter – werteten den Kampf jedoch für ihren Landsmann Rozicki. Ich will solche Erfahrungen nicht machen, vor allem nicht, wenn ich die Sponsoren habe, die meinen Kampf organisieren könnten. Ich habe Don King sogar angeboten, ihm eine Abfindung zu zahlen, damit er mich aus dem Vertrag entlässt und ich den Fight selbst mit meinen Sponsoren organisieren kann. Aber er will mich nicht loslassen. Ich bin sein letzter Champion, und sein Ego scheint dabei eine große Rolle zu spielen. Der Kampf am 7. Dezember wurde zwar von der WBC und den Kanadiern angekündigt, aber ich habe nichts unterschrieben und werde dort nicht antreten. Der Kampfvertrag kam nicht einmal von meinem Promoter, sondern direkt vom WBC, was ziemlich ungewöhnlich ist.
Das komplette Interview mit vielen weiteren spannenden Aussagen von WBC-Champion Noel Mikaelian gibt es in der kommenden Ausgabe. Diese findet ihr ab dem 12. November in der Boxsport-App.
Jetzt in BOXSPORT 11-12/24: FURY vs. USYK II: Alles zum Rückkampf der beiden Top-Schwergewichtler. Auch darüber hinaus dreht sich viel um die „schweren Jungs“: BOXSPORT blickt auf das deutsche Duell zwischen Granit Shala und Daniel Dietz, porträtiert Jake Paul, der es im Dezember mit Mike Tyson aufnimmt und erinnert an den „Rumble in the Jungle“, der sich zum 50. Mal jährt. Außerdem: Cruiser-Champ Noel Mikaelian im Interview, „Tiny Tina“ Rupprecht greift nach dem dritten WM-Titel und Ausblick auf die 101. Auflage der Deutschen Meisterschaften (DM) der Elite. Und: das schwere Schicksal der ehemaligen Boxerin Heather Hardy. Plus jede Menge Storys, Analysen, Ranglisten, Kampfreports und vieles mehr.
Interview geführt von Robin Josten / Frank Schwantes