Mit seinem Sieg über Lawrence Okolie hat sich Chris Billam-Smith endgültig an der Spitze im Cruiser etabliert. Sein nächstes Ziel: Las Vegas – und ein Fight gegen einen Superstar.
„Ich werde Chris Billam-Smith vernichten“, tönt Lawrence Okolie (19-1, 14 K.o.) vor dem WM-Duell mit seinem Herausforderer. Der britische WBO-Champ verspricht seinem Landsmann und ehemaligen Sparringspartner eine schwere Tracht Prügel – doch es kommt anders. Vom Start weg dominiert Billam-Smith den Schlagabtausch im Vitality Stadium in Bournemouth, schickt den Weltmeister in Runde vier, elf und zwölf insgesamt dreimal zu Boden. Während ein Punktrichter den Kampf zur Verwunderung aller Experten unentschieden (112-112) wertet, sehen seine beiden Kollegen Billam-Smith völlig zurecht vorne (116-107, 115-108).
Den Titelgewinn widmete der neue WBO-Weltmeister im Cruisergewicht seiner an Brustkrebs erkrankten Mutter. „Das ist alles, wofür er gearbeitet hat“, sagte Chris’ Vater nach dem Kampf. „Es war sein Traum, den er mit Shane McGuigan wahr gemacht hat.“ Seit seinem Profi-Debüt im Jahr 2017 wird Billam-Smith von Shane McGuigan, dem Sohn des ehemaligen Federgewichtsweltmeisters Barry McGuigan, trainiert. Der 35-Jährige zählt zu den profiliertesten britischen Trainern, coachte unter anderem schon die Champions George Groves, David Haye, Josh Taylor und Carl Frampton sowie bis Februar 2023 auch Lawrence Okolie.
Unmittelbar nach dem Fight machte Billam-Smith den Fans Hoffnung auf ein Rematch, erklärte: „Ich schätze, wir werden uns bald wiedersehen.“ Auch Okolie drängt „definitiv auf einen Rückkampf“. Dabei hatte „The Gentleman“, so Billam-Smiths Kampfname, sogar lobende Worte für den entthronten Weltmeister übrig. „Große Rivalitäten müssen nicht auf Hass aufgebaut sein, sondern auf Respekt, auf Respekt vor Spitzenleistungen“, schrieb der 32-Jährige auf Social Media. „Danke für die Gelegenheit, Kumpel. Gemeinsam haben wir eine historische Nacht in der britischen Boxgeschichte erlebt.“ Mit 15.000 Zuschauern in Bournmouths Vitaly Stadium geht die Veranstaltung als bisher größtes Box-Event an der Südküste Großbritanniens in die Historie ein.
Weg in die Spitze
Billam-Smith begann bereits in jungen Jahren mit dem Boxtraining, aber erst im Alter von 16 Jahren widmete er sich ernsthaft dem Boxsport. Während seiner Amateurkarriere, in der er für Poole ABC, einem Amateur-Boxklub im Süden Englands, kämpfte, stellte er einen respektablen Kampfrekord mit 32 Siegen in 43 Fights auf. Sein Profidebüt gibt der Fighter aus Epsom, Surrey (England) am 16. September 2017. Sein beeindruckender Aufstieg beginnt aber erst zwei Jahre später – nach seiner bis dato einzigen Niederlage gegen Richard Riakporhe (16-0, 12 K.o.) im Kampf um den WBA-Interconti-Titel. Am 23. November 2019 gewann Billam-Smith gegen Craig Glover (10-3, 8 K.o.) den vakanten Commonwealth-Cruisergewichts-Titel. Seitdem geht es für den 1,91 Meter großen Briten nur noch in eine Richtung: vorwärts.
Nun will sich Billam-Smith seinen Traum von einem Kampf im Box-Mekka verwirklichen. „Ich liebe die Idee, in Las Vegas zu kämpfen“, verriet er gegenüber BBC. Aktuell gibt es allerdings in seiner Gewichtsklasse keinen amerikanischen Weltmeister, weshalb Billam-Smith einen der größten Namen überhaupt für einen zukünftigen Fight in den Mund nimmt: „Canelo Alvarez. Er hat darüber gesprochen, ins Cruisergewicht aufzusteigen. Das ist die Art von Kampf, der in Vegas stattfinden könnte.“ Ein Duell mit dem Pound-for-Pound-Superstar aus Mexiko wäre für den „Gentleman“ nicht nur sportlich, sondern auch finanziell der nächste große Schritt. Darüber hinaus ist es bisher noch keinem Briten gelungen, Canelo zu besiegen.
Text Robin Josten