Canelo vs. Scull in der BOXSPORT-Analyse!

Für William Scull ist es die Chance seines Lebens. Am 3. Mai bekommt der Kubaner aus dem Berliner AGON-Stall Superstar Canelo Alvarez vor die Fäuste. Wie stehen die Chancen, dass der Außenseiter in Riad ein Boxer-Märchen schreibt? BOXSPORT macht den Check.

William Scull und Canelo Alvarez standen sich erstmals auf einer Pressekonferenz am 6. März in New York gegenüber. (Foto: Getty Images / Sarah Stier)

Eigentlich ist William Scull für den Undisputed-Kampf am 3. Mai gegen Saul „Canelo“ Alvarez in Riad nur „gebucht“, um wie einst Felix Sturm den Gürtelabtreter für einen Mega-Fight zu spielen. Allerdings: Bei Sturm verkalkulierten sich die Strippenzieher 2004 um ein Haar, er verlor seinen WBO-Titel im Mittelgewicht nur äußerst umstritten an Oscar de la Hoya.

Kann IBF-Titelträger Scull ähnlich überraschen, kann er gar den Spielverderber für Drei-Gürtel-Weltmeister Alvarez (WBC, WBO, WBA) und Terence Crawford spielen, die im Herbst aufeinandertreffen sollen? BOXSPORT unterzieht die beiden Champions einem Check.

Erfahrung – Vorteil für Canelo

Scull hat die berühmte kubanische Boxschule durchlaufen und hunderte Amateurkämpfe auf dem Buckel. Dennoch ist der Vergleich mit Canelo in puncto Erfahrung ein „No Contest“. Alvarez, der schon im Teenager-Alter Profi wurde, hat mehr WM-Duelle hinter sich (26) als Scull Profikämpfe (23). Der Mexikaner stand allein mit Gennady Golovkin 36 Runden im Ring, ging mit Boxlegenden wie Floyd Mayweather, Shane Mosley oder Miguel Cotto über die volle Distanz. 

Kampfstil – Mexiko trifft auf Kuba

Scull ist ein variabler Boxer mit starker Technik und guter Beinarbeit, der seine Gegner am liebsten im Rückwärtsgang ausboxt. Hierzu lockt der IBF-Champion seine „Beute“ in kleine Fallen, um dann mit schnellen Konterhänden zu punkten. Scull versteht es, einen Kontrahenten mittels gut getimter Aufwärts- und Seitwärtshaken abzufangen, wechselt außerdem flüssig von seiner angestammten Links- in die Rechtsauslage. Als Offensivboxer und „Volume Puncher“ ist er jedoch nicht bekannt. 

Der elf Zentimeter kleinere Canelo bietet ein Gesamtpaket, das es im Boxen nur selten gibt. Alvarez hat ein breites Schlagarsenal, bringt seine Hände mühe- und ansatzlos an den Mann. Er agiert sowohl im Vorwärts- als auch Rückwärtsgang traumwandlerisch sicher und überbrückt mühelos die Distanz zu körperlich überlegenen Gegnern. Legendär sind seine Finten, mit denen er seine Kundschaft narrt, um schwere Hämmer zu platzieren (Amir Khan grüßt aus seinen Albträumen). Auch defensiv ist Canelo äußert versiert und nur schwer klar zu treffen. Der Superstar „rollt“ gerne mit den Schlägen eines Rivalen, nimmt diesen so die Wirkung, sofern sie doch ankommen.

Ausdauer – Überraschungskiste

Canelo hat in seinen 66 Profikämpfen mehr als 500 Runden absolviert und schon oft in den „Championship Rounds“ geglänzt. Dass der 34-jährige Mexikaner im Alter nachlässt, davon sollte keiner ausgehen. Wie ausdauernd Scull ist, lässt sich kaum beurteilen. Bisher offenbarte er konditionell zwar keine Schwächen, aber „El Indomable“ (der Unzähmbare) hat noch keinen Zwölfrunder gegen einen Weltklasse-Mann gekämpft – ergo nicht nachgewiesen, auch im roten Bereich zu Spitzenleistungen fähig zu sein.

Taktik – Vorbereitung als Schlüssel

Sergey Kovalev, Callum Smith, Caleb Plant, Jermell Charlo: Canelo hat mit deutlich größeren Gegnern keine Probleme, setzt meist auf kontrollierte Offensive und Körpertreffer. Am 3. Mai dürfte der Schützling von Eddy Reynoso darauf aus sein, Sculls Konterstärke mittels seiner Finten zu negieren und den AGON-Fighter an den Seilen zu stellen. 

Scull wird sich mit Cheftrainer Franquis Aldama auf Mallorca gewissenhaft vorbereitet und den Superstar genau studiert haben. „Ich werde ihn nicht rankommen lassen“, kündigte er im BOXSPORT-Interview an. Spricht dafür, dass Scull auf seine Führhand setzt, um das Gefecht aus der langen Distanz zu kontrollieren. Greift Canelo an und überbrückt die Distanz, wird der Kubaner sicher versuchen, seine Konterstärke in den Ring zu bringen. 

Fazit – Vorteile für Canelo

William Scull ist ein guter, Canelo Alvarez ein sehr guter, ein außergewöhnlicher Boxer. Alles andere als ein klarer Favoritensieg wäre eine faustdicke Überraschung. Selbst wenn Canelo einen unterdurchschnitt-lichen Tag erwischt, sollte es zu einem ungefährdeten Erfolg auf den Punktzetteln reichen, zu groß ist die boxerische Klasse des Mexikaners. BOXSPORT sieht im Mai einen ordentlichen Canelo, der Scull im Kampfverlauf zu Boden schickt, aber nicht durch K.o., sondern einstimmig und eindeutig nach Punkten gewinnt. 

Ein Sieg Sculls käme einem boxerischen Märchen gleich. Tausend und eine Nacht am Persischen Golf? Die Chancen stehen gefühlt 1.000:1.

Text von Martin Armbruster

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