Agit Kabayel vs. Zhilei Zhang: Die BOXSPORT-Analyse!

Allrounder gegen Urgewalt: Mit Agit Kabayel und Zhilei Zhang treffen am 22. Februar zwei Schwergewichtler aufeinander, die jahrelang unterschätzt wurden. In ihrem Duell geht es um den Interims-Titel des WBC – und eine Chance auf die „echte“ Krone im Limit. BOXSPORT checkt die Fighter und sagt, wer die besseren Karten hat.

Das Duell zwischen Agit Kabayel und Zhilei Zhang könnt ihr am Samstag sowohl über DAZN-PPV als auch über eine PPV-Option auf YouTube gucken. Hier findet ihr alle Informationen! (Foto: Getty Images / Richard Pelham)

Joe Joyce, Arslanbek Makhmudov, Deontay Wilder, Frank Sanchez – in den letzten zwei Jahren machten Agit Kabayel und Zhilei Zhang etliche Dellen in die Karrieren vieler Stars und aufstrebender Contender. Beide wissen, wie es ist, als Underdog in einen Kampf zu gehen. Und beide wissen, wie wichtig ein Sieg in ihrem Clash in Riad für ihre Karriere ist. Deshalb werden sowohl der Deutsche als auch der neun Jahre ältere Chinese den Fight auf der Undercard von Bivol vs. Beterbiev II nicht auf die leichte Schulter nehmen und versuchen, ihre Stärken auszuspielen.

Erfahrung

Beide Boxer hatten in der Vergangenheit das Problem, dass sie oft keine angemessenen Kämpfe bekamen. Kabayel konnte sich 2017 den Titel als Europameister im Schwergewicht sichern. Seine erste Titelverteidigung gegen Derek Chisora – ein Punktsieg (Majority Decision), bei dem er mit einem präzisen Jab und guter Beinarbeit überzeugte – war eine erste Karrierebestleistung und brachte ihm viel Anerkennung ein, aber lange blieben die großen Chancen aus. Mit Arslanbek Makhmudov und Frank Sanchez deklassierte er in seinen letzten zwei Kämpfen dann gleich zwei hoch gehandelte Contender, die er erst dominierte und später ausknockte.

Zhilei Zhangs Karriere teilt sich in Phasen des Lichts und des Schattens. Als Amateur holte er bei den Olympischen Spielen 2008 Silber, 2012 verlor er schon im Viertelfinale gegen den späteren Gewinner Anthony Joshua. Nachdem Zhang 2014 Profi wurde, boxte er fast nur unterklassige Kämpfe, ehe er 2022 als Nummer 13 der IBF-Weltrangliste einen Eliminator gegen Filip Hrgovic bekam, weil andere Kandidaten reihenweise absagten.

In seinen letzten fünf Fights boxte der Southpaw ausschließlich Weltklasse-Fighter, dreimal siegreich. Seine Niederlagen waren keine einseitige Veranstaltung: Nachdem Hrgovic sichtlich Schwierigkeiten mit dem Chinesen hatte, sahen viele Experten den Punktsieg des Kroaten als Geschenk an. Joseph Parker war bei seinem verdienten Punktsieg über „Big Bang“ technisch besser und wesentlich aktiver, musste auf der Straße zum Sieg allerdings zweimal in den Ringstaub. Umgekehrt profitierte Zhang bei seinen großen Siegen von Schwächen seiner Gegner. Joe Joyce zeigte bei beiden Niederlagen gegen den Chinesen kaum Meidbewegungen mit dem Kopf und fraß die volle Wucht von Zhangs Schlägen – eine denkbar schlechte Idee bei einem Gegner mit so viel Power. Und der technisch limitierte, aber schlagstarke Ex-WBC-Champ Deontay Wilder lief im Juni 2024 leider in Tiefstform auf.

Kampfstil

Agit Kabayel ist ein vielseitiges Schwergewicht, das sich auf seine Gegner einlassen kann. Schlagstarken Fightern wie Chisora begegnet er technisch kompetent und sucht nicht leichtsinnig den Knockout. Den hat der Ruhrpott-Junge allerdings ebenfalls drauf, wobei seine Haken zum Körper seine gefährlichste Waffe sind, mit der er schon viele Gegner ausknockte. Nicht zuletzt daher rührt auch sein Spitzname „Leber-King“. Hinzu kommen ein hoher Ring-IQ und ein gutes Auge, womit er Lücken in der Deckung seiner Gegner erkennt und gnadenlos ausnutzt.

Zhilei Zhang setzt vor allem das Rezept seiner Schlagkraft, die ihm zu Recht den Namen „Big Bang“ eingebracht hat. Der 1,98 Meter große Fighter hat eine der niedrigsten Workrates im Schwergewicht – aber wenn er zuschlägt, dann sieht er zu, dass seine Schläge zählen. Zhang wartet hinter einer stabilen Doppeldeckung auf seine Chance und ist ein guter Konterboxer. Seine Hände sind schnell, vor allem aber steckt immer ordentlich Dampf in seinen Fäusten, selbst wenn er seine Schläge nicht groß auflädt.

Ausdauer

Hier hat Kabayel definitiv die Nase vorn. Der unbesiegte Schwergewichtler aus Bochum ist nicht auf einen Sieg via Knockout angewiesen, sondern ging in seiner Profikarriere schon viermal über die Championship-Distanz von zwölf Runden – jedes Mal als Sieger nach Punkten.

Zhang ging nur mit Hrgovic und Parker über die volle Distanz – beide Male verlor er. Mit 41 Jahren gehört er zu den älteren Semestern im Profiboxen, was sich auch an seiner Kondition zeigt. Oft schwächelt er nach der sechsten Runde, weil ihm die Energie ausgeht. Dafür hat der Chinese Nehmerqualitäten und steckte im Wilder-Fight auch eine der gefürchteten Rechten des Ex-Champs weg.

Taktik

Aufgrund seiner konditionellen Schwächen versucht Zhang, seine Kämpfe schnell zu beenden, ist aber auch in der zweiten Hälfte noch brandgefährlich, wie Joseph Parker beim Knockdown in Runde acht feststellen musste. Der Fighter aus Zhoukou (Provinz Henan) ist wie eine Dampfwalze: Ruhig, aber unaufhaltsam versucht er, seine Gegner zu überrollen, wobei seine Hände wesentlich schneller als seine Beine sind.

Kabayel hingegen ist wesentlich breiter aufgestellt. Mit seinem Trainer Sükrü Aksü bereitet er sich punktgenau auf seine Gegner vor und hatte bisher immer das richtige Rezept parat. Obwohl er Makhmudov und Sanchez letztendlich in den Ringstaub schickte, las er auch diese Gegner genau und erkannte deren Schwächen, ehe er auf den K.o. ging. Wahrscheinlich wird Kabayel sich auf kein frühes Feuergefecht mit „Big Bang“ einlassen, sondern den Chinesen sich erst müde boxen lassen.

Kabayel vs. Zhang: Fazit

Der Parker-Fight gilt als Patentrezept für einen Kampf gegen Zhang, in dem Ausdauer und Technik über Schlagkraft triumphierten. Das weiß Kabayel – das weiß aber auch Zhang, der vermutlich versuchen wird, schnell für klare Verhältnisse zu sorgen, zumal er auch in späteren Runden noch gefährlich ist. Wahrscheinlich werden sich aber Kabayels Jugend und Ring-IQ durchsetzen. BOXSPORT tippt auf einen Punktsieg oder K.o.-Triumph in der zweiten Kampfhälfte für den Deutschen.

Text von Nils Bothmann

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