Nach der bitteren WM-Absage durch Amanda Serrano nahm sich Nina Meinke eine kleine Auszeit vom Boxen. Im Gespräch mit BOXSPORT gewährt „The Brave“ Einblicke in ihre Sportlerinnen-Seele und verrät, wie es nun weitergehen soll.
Hallo Nina, du hast mit der Zeit ein wenig Abstand gewinnen können von den Vorfällen in Puerto Rico. Schildere uns bitte die Ereignisse vom 2. März aus deiner Perspektive, als dein WM-Kampf abgesagt wurde.
Das war wirklich ein einschneidendes Erlebnis für mich. Ich hatte mich darauf mehr als
acht Wochen lang intensiv in der Dominikanischen Republik vorbereitet, fühlte mich in absoluter Topform – geradezu bereit, den Ring zu erobern. Dann im letzten Moment die Schock-Nachricht: Amanda Serrano kann nicht antreten, angeblich wegen eines Problems am Auge. Als ich das kurz vor dem Kampf erfuhr, zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Ich dachte, das ist ein schlechter Scherz. Das Stadion war voll und die Spannung auf dem Höhepunkt. Ich stand voll unter Adrenalin, bereit zu kämpfen – und dann wurde mir dieser Moment genommen. Das hat mich sprachlos gemacht, ich fühlte mich ohnmächtig.
Hat Serrano dich in deiner Kabine aufgesucht und dich informiert?
Nein, Amanda hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, persönlich vorbeizukommen. Wenn es wirklich ein Problem mit ihrem Auge gab, hätte sie es mir zeigen und die Sonnenbrille abnehmen können. Ich hatte sie tags zuvor beim offiziellen Wiegen ohne Brille gesehen, da war nichts an ihrem Auge zu erkennen. Am Kampftag hat sie dann im Ring ihre Erklärung vor Publikum abgegeben. Es wirkte alles sehr inszeniert auf mich, fast wie eine Hollywood-Show.
Kannst du dieser grotesken WM-Absage im Nachhinein irgendetwas Positives abgewinnen?
Es gab tatsächlich positive Aspekte, die ich daraus ziehen konnte. Diese Vorbereitung hat mir und meinem Team gezeigt, was wir richtig gemacht haben – Planung und Umsetzung haben fast zu hundert Prozent gestimmt. Es gab nur ein paar Kleinigkeiten zu verbessern, die uns jetzt bewusst sind. Somit hatten wir eine Art „Generalprobe“ für einen WM-Kampf. Außerdem war die
Zeit in der Dominikanischen Republik unglaublich wertvoll. Ich habe dort eine enorme Unterstützung erfahren. Und die Einfachheit und Bescheidenheit der Umstände während des Trainings dort haben mir gezeigt, dass man nicht viel Luxus braucht, um effektiv zu arbeiten. Es hat mir geholfen zu erkennen, worauf der Fokus wirklich liegen sollte. Darüber hinaus war das Training dort extrem intensiv. Ich habe Sparringpartnerinnen aus Panama und Kolumbien einfliegen lassen, wir hatten auch lokale Unterstützung. Es war ein großartiges Teamgefühl, alle lebten für diesen Kampf. Für mich persönlich war es eine wertvolle Zeit, die ich nicht missen möchte. Auch wenn es schade ist, dass ich das Gelernte nicht in einem WM-Kampf unter Beweis stellen konnte.
Serrano sagte an diesem Abend, dass Sie alles dafür geben wird, um den Kampf nachzuholen. Hattest du dieses Gefühl jemals?
Boxen ist mitunter ein dreckiges Geschäft. Natürlich klammert man sich an die Hoffnung,
dass es zu einer Neuansetzung kommt, aber vieles liegt eben nicht in deiner Hand. Nach so einem Vorfall hinterfragt man alles. Es wirft einen völlig aus der Bahn und man beginnt
zu spekulieren, ob das alles geplant war oder nicht. Solche Gedanken gehen einem durch den Kopf.
Wie konkret wurde mit dem Serrano-Lager über eine Neuansetzung des Fights am 20. Juli gesprochen?
Es gab Kontakt zwischen unserem Team sowie „P2M“ und dem Serrano-Lager. Nach der Absage wurde uns zugesichert, dass der Kampf nachgeholt wird, was eine gewisse Hoffnung bei uns weckte. Es war beruhigend zu hören, dass nicht alles umsonst gewesen sein und wir einfach weitermachen sollen. Der 20. Juli war im Gespräch, weil an diesem Tag die nächste Veranstaltung von Serranos Promoter „Most Valuable Promotions“ geplant ist. Darauf hatte ich meine Hoffnungen gesetzt.
Hattest du nach dieser bitteren Absage in letzter Zeit überhaupt noch Lust, die Boxhandschuhe zu schnüren?
Nach der ganzen Aufregung und dem ausgefallenen Kampf bin ich tatsächlich krank geworden, was wahrscheinlich auf das ganze angestaute Adrenalin zurückzuführen war. Ich hatte eine Woche lang hohes Fieber, kein Ibuprofen konnte helfen. Nachdem ich mich von dieser Krankheitsphase erholt hatte, nahm ich mir eine Auszeit von vier Wochen, um wirklich zur Ruhe zu kommen und anschließend wieder von vorne zu beginnen. Es war eine Phase des Reflektierens und Neuausrichtens. Die Hoffnung auf eine Neuterminierung und meine langsam wiederkehrende Gesundheit halfen mir, den Fokus neu zu setzen und die Grundlagen für die Rückkehr ins Training zu legen.
Zu einer Neuansetzung des ausgefallenen WM-Fights wird es vorerst nicht kommen. Was war dein erster Gedanke, als du vom Deal zwischen Serrano und Katie Taylor hörtest, am 20. Juli ein Rematch zu bestreiten?
Als ich erfuhr, dass Amanda Serrano gegen Katie Taylor boxen wird, war ich schockiert. Ich habe das über das Internet erfahren und mein erster Gedanke war nur: „Was? Wie ist das möglich?“ Diese Nachricht hat mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich hatte immer noch gehofft, dass unser Kampf nachgeholt wird, und versucht, in allem das Positive zu sehen. Aber mit dieser Nachricht brach alles zusammen. Ich hatte wirklich einen schweren emotionalen Einbruch.
Glaubst du, dass man dich und dein Team von Beginn an der Nase herumgeführt hat?
Das ist schwer zu sagen. Natürlich könnte man spekulieren, insbesondere wenn man bedenkt, dass eine Niederlage vor einem Rematch wie diesem die Sache komplizierter machen würde. Aber …
Das komplette Interview findet ihr ab dem 11. Juni in der Ausgabe 6/2024 oder in der BOXSPORT-App!