Im ungleichen Duell Paul vs. Tyson bewies die Boxlegende Kampfgeist. Trotz klarer Niederlage setzt Mike Tyson Meilensteine – vom Weltranglisten-Comeback bis zu einem historischen Weltrekord.
Am 15. November 2024 kam es im AT&T Stadium in Arlington, Texas, zum lange erwarteten Kampf zwischen Jake Paul und Mike Tyson. Das Stadion, auch bekannt als Heimat der Dallas Cowboys, ist eines der größten und modernsten Sportstadien der Welt. Mit einer beeindruckenden Zuschauerzahl von 72.300 Personen wurde der Kampf zum zweitgrößten Indoor-Boxevent in der Geschichte der USA. Nur Canelo Álvarezs Kampf gegen Billy Joe Saunders im Mai 2021 zog mit 73.126 Zuschauern eine noch größere Menge an.
Die Vorgeschichte des Kampfes
Der Kampf „Paul vs. Tyson“ war von Beginn an eines der kontroversesten und meistdiskutierten Events des Jahres. Die Begegnung wurde als ein „Kampf der Generationen“ angekündigt: Auf der einen Seite der 27-jährige Jake Paul, ein ehemaliger YouTuber, der seit 2020 eine bemerkenswerte Karriere im Boxen aufgebaut hat. Auf der anderen Seite der legendäre Mike Tyson, der nach fast 20 Jahren Abstinenz in den Ring zurückkehrte. Tyson hatte seinen letzten offiziellen Kampf im Juni 2005 gegen Kevin McBride bestritten, und durch Aufgabe nach sechs Runden verloren.
Gesundheitliche Probleme im Vorfeld
Im Vorfeld des Kampfes hatte Tyson gesundheitliche Herausforderungen zu bewältigen. In einem Statement gab er bekannt, dass er im Juni 2024 nach schweren gesundheitlichen Komplikationen, darunter acht Bluttransfusionen, um sein Leben kämpfte. Dennoch erholte er sich und trainierte intensiv, um für die Begegnung mit Paul bereit zu sein. „Ich musste um mein Leben und meine Gesundheit kämpfen, bevor ich in den Ring steigen konnte“, sagte Tyson. „Aber ich wollte meinen Kindern und der Welt zeigen, dass man nie aufgeben sollte.“ Die Kampfbörse von kolportierten 20 Millionen US-Dollar für Tyson dürfte ein Übriges bei der Entscheidungsfindung getan haben.
Ein Event der Superlative
Mit einer riesigen Werbekampagne und prominenten Sponsoren wurde Paul vs. Tyson zu einem globalen Spektakel. Die Übertragung auf Netflix, die weltweit 60 Millionen Zuschauer erreichte und Spitzenwerte von 65 Millionen verzeichnete, sorgte für zusätzliche Aufmerksamkeit. Auch die Zuschauerzahlen im Stadion und die Einnahmen von über 18 Millionen Dollar aus Ticketverkäufen unterstrichen die Bedeutung des Events.
Paul vs. Tyson einseitiger als erwartet
Am späten Abend des 15. November kam es endlich zum lang erwarteten Aufeinandertreffen von Jake Paul und der 58-jährigen Schwergewichtslegende. Jake Paul triumphierte in einem einseitigen Boxkampf gegen den ehemaligen Schwergewichtsweltmeister. Der 27-jährige YouTube-Star und Boxer gewann nach acht Runden einstimmig nach Punkten (80:72, 79:73, 79:73). Tyson, der mit 58 Jahren eine beeindruckende Rückkehr in den Ring feierte, zeigte sich zu Beginn aggressiv, konnte aber mit zunehmender Kampfdauer kaum mehr Akzente setzen.
Starke Anfangsphase von Tyson
Tyson begann motiviert und landete in den ersten beiden Runden gezielte Treffer. Doch ab der dritten Runde wurde der Altersunterschied deutlich. Paul profitierte von seiner Beweglichkeit und Frische, während Tyson zusehends an Kondition verlor. „Ich wollte kämpfen und mir selbst etwas beweisen“, sagte Tyson nach dem Kampf. „Ich habe gezeigt, dass ich noch kämpfen kann, auch wenn ich nicht mehr der alte Mike bin.“
Der Kampf ging über acht Runden à zwei Minuten – eine Sonderregelung, um Tyson entgegenzukommen. Außerdem trugen beide 14-Unzen-Handschuhe, die den Aufprall dämpfen sollten. Trotz der Anpassungen konnte Tyson nicht an seine früheren Glanzleistungen anknüpfen. Paul dominierte mit präzisen Kombinationen und gewann fast jede Runde.
„Ich habe keinen Grund zur Reue. Diesen Kampf vor einem ausverkauften Stadion und einem Millionenpublikum auf Netflix zu beenden, war ein Sieg für mich“.
Mike Tyson
Tyson zurück in der Weltrangliste
Mit diesem Kampf kehrt Tyson erstmals seit 2005 wieder in die Weltrangliste zurück. Laut BoxRec wird er nun auf Platz 309 der Schwergewichtler geführt. Damit liegt er allerdings weit hinter Paul, der durch seinen Sieg auf Platz 126 vorrückte. Tyson selbst zeigte sich dennoch stolz auf seine Leistung: „Nach fast 20 Jahren wieder im Ring zu stehen, war eine unglaubliche Erfahrung. Für mich ging es nicht ums Gewinnen, sondern darum, meine Kinder und Fans zu inspirieren“.
Historischer Weltrekord für Tyson
Obwohl Tyson den Kampf verlor, schrieb er Geschichte. Der Kampf markierte die längste Zeitspanne zwischen dem Profidebüt und einem weiteren Kampf eines Schwergewichtsweltmeisters: 14.499 Tage. Damit übertraf er den bisherigen Rekordhalter Jack Johnson, dessen letzter offizieller Kampf 1931 stattfand. Tyson reflektierte stolz: „Ich habe keinen Grund zur Reue. Diesen Kampf vor einem ausverkauften Stadion und einem Millionenpublikum auf Netflix zu beenden, war ein Sieg für mich“.
„Ich weiß, dass die Leute mich nicht mögen. Aber ich bringe eine neue Energie in den Boxsport, und das ist gut für alle.“
Jake Paul
Paul vs. Tyson: Ein globales Spektakel
Der Kampf war nicht nur ein sportlicher, sondern auch ein kommerzieller Erfolg. Mit 72.300 Zuschauern im AT&T Stadium und 60 Millionen Livestreams auf Netflix brach die Veranstaltung alle Rekorde. „Wir haben Geschichte geschrieben“, jubelte Paul nach dem Kampf. Der Hashtag #PaulTyson dominierte die sozialen Medien weltweit und katapultierte den Boxsport in neue Dimensionen.
Ein Kampf mit Symbolcharakter
Nichtsdestotrotz war Tysons Leistung beeindruckend, auch wenn die Niederlage deutlich ausfiel. „Ich bin dankbar, dass ich noch einmal in den Ring steigen durfte“, so sein Fazit. Für Paul war es ein weiterer Schritt in seiner Karriere, die sich immer mehr von einem Social-Media-Hype zu einem ernstzunehmenden Boxprofil entwickelt. Seine Ambitionen, es mit Mike Tyson aufzunehmen, wurden sowohl bewundert als auch kritisiert. „Ich weiß, dass die Leute mich nicht mögen. Aber ich bringe eine neue Energie in den Boxsport, und das ist gut für alle.“
Text: Andreas Ohlberger
Jetzt in BOXSPORT 11-12/24: FURY vs. USYK II: Alles zum Rückkampf der beiden Top-Schwergewichtler. Auch darüber hinaus dreht sich viel um die „schweren Jungs“: BOXSPORT blickt auf das deutsche Duell zwischen Granit Shala und Daniel Dietz, porträtiert Jake Paul, der es im Dezember mit Mike Tyson aufnimmt und erinnert an den „Rumble in the Jungle“, der sich zum 50. Mal jährt. Außerdem: Cruiser-Champ Noel Mikaelian im Interview, „Tiny Tina“ Rupprecht greift nach dem dritten WM-Titel und Ausblick auf die 101. Auflage der Deutschen Meisterschaften (DM) der Elite. Und: das schwere Schicksal der ehemaligen Boxerin Heather Hardy. Plus jede Menge Storys, Analysen, Ranglisten, Kampfreports und vieles mehr.