Bevor ich loslege: Ich freue mich sehr, dass du hier bist, um meine Kolumne zu lesen. Es wird chaotisch, lustig, aber hauptsächlich 100 Prozent echt. Ich werde von vielen Anekdoten und Erfahrungen aus dem Boxen berichten, aber dir auch spannende Insights in meinen alltäglichen Wahnsinn geben. Und jetzt heißt es: Ring frei!
Wieder einmal steht ein legendäres Event bevor: Fury vs. Usyk II. Jahre haben die Fans auf den ersten Kampf gewartet und nun dürfen wir Boxfans ihn innerhalb eines Jahres ein zweites Mal sehen. Aus einem Interview geht bereits hervor, dass es auch dieses Mal wieder eine Revancheklausel gibt. Wir können also nach diesem Kampf auf ein weiteres Aufeinandertreffen hoffen.
Doch zunächst ein kurzer Rückblick auf Fury vs. Usyk I: Am 18. Mai 2024 trafen die beiden Schwergewichtler in Saudi-Arabien aufeinander, um den unumstrittenen Schwergewichtsweltmeister zu ermitteln. Ein Titel, mit dem sich zuletzt Lennox Lewis im Jahr 2000 schmücken durfte. Zwei der drei Punktrichter sahen Fury bis zum Ende der achten Runde mit fünf gewonnenen Runden in Führung. Der dritte Punktrichter hatte bis zu diesem Zeitpunkt vier Runden für Fury und vier für Usyk gewertet. Doch dann kam der Niederschlag. Fury taumelte und hielt sich nur noch an den Seilen fest. Ein Schock, denn damit hatte zu diesem Zeitpunkt kaum jemand gerechnet, doch Fury kam wieder zu sich. Eine Entscheidung über den Ausgang des Kampfes war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefallen. Bei einem Punktestand von 8:10 musste Fury jedoch nach dem Knock-Down seine letzten Reserven in die nächsten Runden stecken, um den Kampf für sich zu entscheiden.
Drei Runden standen noch aus, doch Fury konnte erst in der letzten Runde alle drei Punktrichter für sich gewinnen. So kam es am Ende zu einer Split Decision für Usyk. Das Team Fury und viele Fans waren sich sicher, dass Tyson ohne den Knock-Down der amtierende unangefochtene Weltmeister im Schwergewicht gewesen wäre. In einem Interview wurde Tyson gefragt, ob er sein Training oder das ganze Fight Camp umgestellt habe. Seine Antwort war ein klares „Nein“. Seine Argumentation war auch hier der Knock-Down, denn seiner Meinung nach lief bis zu diesem Zeitpunkt alles nach Plan. Er habe sich im Ring gut gefühlt und wisse nicht, was er diesmal „mehr“ machen solle, da es im letzten Kampf ausgereicht hätte, um Usyk in Schach zu halten.
Liegmann: „Ich bin hin und her gerissen“
Eines scheint er jedoch geändert zu haben, denn in weiteren Interviews berichtete Fury von seiner harten Vorbereitung auf Malta. Während dieser Zeit habe er weder Kontakt zu seiner Frau Paris Fury noch zu seinen Kindern gehabt, von einem Handy ganz zu schweigen. Für mich persönlich wäre es unmöglich, vor einem so wichtigen Kampf keinen Kontakt zu meiner Familie zu haben, aber für ihn scheint es trotz seiner großen Liebe zu seiner Familie wichtig zu sein, diese Distanz zu haben, um im Fokus zu bleiben. Am 17. Mai 2024 verlor seine Frau einen Sohn im sechsten Monat. Eine tragische Nachricht, die man eigentlich nie erhalten möchte, schon gar nicht einen Tag vor dem wichtigsten Kampf seines Lebens.
Usyk, der bereits alle Gürtel im Cruisergewicht gewonnen hat, ist sich seines Sieges auch im Rematch sicher. Auf die Frage, wie sein aktueller Plan aussehe, antwortete er mit Blick auf Fury: „Don’t be afraid – I will not leave you alone“. Was sinngemäß bedeutet, dass er ihn wie im ersten Kampf durch den Ring jagen wird. Ansonsten hört man von Usyk eher weniger, was aber an der Sprachbarriere liegt. Es wird auf jeden Fall ein spannender Kampf! Ich bin eigentlich hin und her gerissen, was meinen Tipp angeht, aber ich sehe eher Fury vorne – ich glaube, der Verlust hat etwas mit ihm gemacht, im positiven Sinne. Ich glaube, sein Siegeswille und seine Konzentration sind diesmal auf höchstem Niveau. Aber insgesamt sehe ich Usyk als den technisch besseren Boxer. Wie gesagt: Es wird spannend.
Kein Fan von KI-Referee
Eine Schlagzeile, die mich heute allerdings etwas von der Fight Card abgebracht hat, war die Information, dass zum ersten Mal in der Geschichte ein KI-Referee den Kampf verfolgen wird. Die Entscheidung des KI-Referee wird zwar nicht in die offizielle Entscheidung einfließen, aber ich denke, dass dieses KI-Debüt der Beginn einer dauerhaften Einbeziehung ist. Ich finde das nicht gut. Der Sport sollte menschlich bleiben. Schon beim Fußball nervt mich der ständige Videobeweis. Natürlich werden Entscheidungen klarer und einfacher getroffen. Trotzdem sollten die Entscheidungen weiterhin von ausgebildeten Menschen getroffen werden und nicht in Zukunft von KI. Auch wenn Menschen Fehlentscheidungen treffen können, kann man sich nicht immer auf eine Software verlassen. Genauso wie man Menschen bestechen kann, kann man auch KI manipulieren. Ich bin gespannt, wie das am Samstag präsentiert wird.
Sarah Liegmann
Sarah Liegmann wurde am 26. Januar 2002 in Bonn geboren. Die Federgewichtlerin boxt seit 2021 als Profi, trainiert und lebt in Deutschland und in den USA. Liegmann alias „The Princess“ ist amtierende WBC-Junioren-Championesse. Zudem sicherte sich die frühere Kickboxerin den WM-Gürtel des Verbandes WBF.
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