Bevor ich loslege: Ich freue mich sehr, dass du hier bist, um meine Kolumne zu lesen. Es wird chaotisch, lustig, aber hauptsächlich 100 Prozent echt. Ich werde von vielen Anekdoten und Erfahrungen aus dem Boxen berichten, aber dir auch spannende Insights in meinen alltäglichen Wahnsinn geben. Und jetzt heißt es: Ring frei!

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein Social-Media-Star zum Hoffnungsträger des modernen Boxsports werden würde? Jake Paul, lange Zeit als Influencer verspottet, der den Boxring zum Showroom für Klickzahlen macht, hat sich mit seiner Promotion-Firma Most Valuable Promotion (MVP) zu einem echten Akteur im Geschäft entwickelt. Und das nicht, weil er ein unfassbar talentierter Boxer ist, sondern weil er eine Lücke erkannt hat, die andere über Jahre hinweg übersehen oder bewusst ignoriert haben: das Potenzial des Frauenboxens.
Während viele etablierte Promoter weiterhin zögern, Frauen in ihren Karten sichtbar zu machen oder sie überhaupt langfristig zu fördern, geht MVP einen mutigeren und konsequenteren Weg. Den Anfang machte Amanda Serrano, eine Weltklasse-Boxerin mit beeindruckender K.-o.-Bilanz und der Fähigkeit, nicht nur Kämpfe zu dominieren, sondern auch außerhalb des Rings als starke Frau aufzutreten. MVP nahm sie unter Vertrag, baute sie zur Markenfigur auf und zeigte, was möglich ist, wenn Frauen im Sport nicht nur geduldet, sondern ernst genommen werden.
Leistung, Persönlichkeit, Können
Doch dabei blieb es nicht: MVP hat in letzter Zeit in jeder Gewichtsklasse aufstrebende Kämpferinnen unter Vertrag genommen, gibt ihnen eine Plattform, Reichweite und Trainingsmöglichkeiten – und vor allem Respekt. Kein rosa Glitzer-Marketing, keine Stereotype. Stattdessen geht es um Leistung. Um Persönlichkeit. Um echtes Können.
Der kommende Kampf Serrano vs. Taylor 3 ist deshalb mehr als eine Revanche zweier Ausnahmeathletinnen. Eine komplett weibliche Fight Card. Das ist kein PR-Gag, sondern ein klares Zeichen: Frauenboxen ist nicht das Rahmenprogramm. Es ist das Event. In London 2022 hatte ich die große Ehre, Teil der ersten reinen Frauen-Fightcard zu sein. Die O₂ Arena in London war mit 20.000 Zuschauern gefüllt. Schon damals war das ein wichtiges Zeichen. Jetzt wird die Reichweite durch einen Netflix-Streaming-Deal eine andere Dimension erreichen. Und klar, auch Jake Paul profitiert davon. Aufmerksamkeit, Einfluss, Einnahmen – alles Teil des Spiels.
Aber was zählt, ist der Effekt. Die Tatsache, dass Mädchen heute Kämpferinnen auf großen Bühnen sehen können. Dass junge Boxerinnen eine Perspektive haben, die lange gefehlt hat. Dass Gleichberechtigung nicht mehr nur gefordert, sondern gelebt wird. Man kann Jake Paul für vieles kritisieren. Für seine Provokationen, seine Inszenierung, seine Selbstvermarktung. Doch im Fall MVP hat er etwas getan, was viele gestandene Boxgrößen jahrelang versäumt haben. Er hat seine Reichweite genutzt, um anderen den Weg zu ebnen.
Sarah Liegmann
Sarah Liegmann wurde am 26. Januar 2002 in Bonn geboren. Die Federgewichtlerin boxt seit 2021 als Profi, trainiert und lebt in Deutschland und in den USA. Liegmann alias „The Princess“ ist amtierende WBC-Junioren-Championesse. Zudem sicherte sich die frühere Kickboxerin den WM-Gürtel des Verbandes WBF.
Webseite: princess-boxing.de
YouTube: Sarah Liegmann
Instagram: sarahliegmann
Facebook: sarah.liegmann