Boxen in Kuba: Auf neuen Wegen

Nach mehr als 60 Jahren Verbot findet im sozialistischen Inselstaat erstmals wieder Profi-Boxen statt, organisiert von der IBA. Und auch kubanische Frauen dürfen sich endlich im Ring messen.

Kubas Erislandy Alvarez ist nicht nur ein Olympia-Held, sondern glänzte auch als Show-Talent bei der „Nacht der Meister“ im Kolosseum der Ciudad Deportiva in Havanna. (Foto: IBA)

Lange hat es gedauert, sehr lange, mehr als 62 Jahre – bis zum Comeback. Ende August ging das erste Profi-Box-Event in Kuba über die Bühne. In der Ciudad Deportiva (Sportstadt) von Havanna, im Kolosseum. Das Event „Nacht der Meister“ hatte die International Boxing Association (IBA) organisiert; als eine Art verbandseigene Weltmeisterschaft – und passend zum „Internationalen Tag des Boxens“ am 27. August.

Für zahlreiche Beobachter war es ein offenes Geheimnis, Kuba wird sich weiter öffnen, öffnen müssen. Gerade für Boxer, für die besten des sozialistischen Karibikstaats. Damit sie sich nicht ins Ausland absetzen und bei Profi-Promotions anheuern. Anfang April 2022 war es so weit. In der „Granma“, dem Zentralorgander Kommunistischen Partei Kubas, hatte Alberto Puig, der Präsident des kubanischen Boxverbands FCB (Federación Cubanade Boxeo), die Zulassung des Profi-Boxens für Athleten seines Landes verkündet. Als Schritt in die „Realität“, einer „lang ersehnten Herausforderung“.

Dompteure im Ring

Denn: Das Big Business im Boxsport war Kubanern seit 1962 untersagt, drei Jahre nach der Revolution samt Sturz des Regimes von Diktator Fulgencio Batista. Box-Fan Fidel Castro galt kommerzieller Faustkampf als korrupt, inhuman. Sport müsse kollektiv sein, sei nichts für Selbstdarsteller und Einzelgewinner. Diese Maxime des „Líder Máximo“ galt bis Mai 2022. Bis zum Profidebüt der Domadores de Cuba, der „Dompteure Kubas“ in der Stadt Aguascalientes in Zentralmexiko. Veranstalterin war die mexikanische „Golden Ring Promotions“, und es war eine historische Galavorstellung der kubanischen „Raubtierbändiger im Ring“: sechs Kämpfe, sechs Siege, fünf durch Knockout.

Alvarez (r.) siegte nach sechs Runden gegen den Kolumbianer Jose Munoz (l.). (Foto: IBA)

Und fortan können Boxer Kubas nicht nur an Profiwettkämpfen in der Fremde teilnehmen, nun auch daheim. Auf der IBA-Fightcard für das Event im Kolosseum standen sechs Kämpfe – zwei Profi- sowie vier olympische, also Amateurkämpfe. Ein halbes Dutzend kubanische Topathleten gegen Kontrahenten aus Russland, Usbekistan, Armenien, Kolumbien und Venezuela. Mit dabei: Schwergewichtler Julio César La Cruz (-92 kg).

La Cruz als Haupt-Act der Profis

Der zweifache Olympiasieger kletterte im Profihauptact gegen den Usbeken und WM-Dritten von Belgrad (2021), Madiyar Saydrakhimov, in den Ring. Erfolgreich. La Cruz dominierte das taktisch geführte Zehn-Runden-Gefecht, siegte einstimmig nach Punkten. Beim olympischen Boxturnier in Paris war der Kubaner noch im Achtelfinale gegen den für Aserbaidschan startenden Landsmann Loren Alfonso Domínguez knapp gescheitert, Split Decision, 3:2 für Domínguez. Julio César gegenüber Granma: „Was in Paris passiert ist, liegt hinter uns. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Erfolg zu genießen.“ Der zweite Profikampf des Abends …
Text: Oliver Rast

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