„Kampf deines Lebens“: Engagement für bessere Zukunft

Der Hamburger Verein „Kampf deines Lebens“ will junge Menschen vor prekären Lebensumständen schützen. Dahinter stehen Gründer und Universum-Chef Ismail Özen-Otto sowie Sportdirektor Robert Harutyunyan.

Miles Okay (r.) ist ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit des Vereins „Kampf deines Lebens“. Bei der U19‑Europameisterschaft im Limit bis 51 kg belegte er den 2. Platz. (Foto: privat)

Universum-Chef Ismail Özen-Otto gehört zur den erfolgreichen deutschen Promotern. Vom Leicht- bis zum Schwergewicht – zurzeit stürmen seine Boxer die Ranglisten. In einem weiteren Coup holt der Hamburger die diesjährige WBC-Convention an die Elbe. 2019 belebte Özen-Otto die „Universum Boxing“ und entwickelt sie beständig zu einem der international führenden Boxställe.

Weniger bekannt ist, dass der Promoter 2013 den gemeinnützigen Verein „Kampf deines Lebens“ gründete. Ziel des Vereins ist es, Kinder, Jugendliche und angehende Erwachsene vor prekären Lebensumständen zu schützen. Dazu zählen Armut, herausfordernde Beschäftigungsverhältnisse, fehlende Sprach- und Integrationskenntnisse sowie ein niedriger Bildungsstand.

„Fleiß, Disziplin und Respekt“

In einem Interview mit der „Hamburger Morgenpost“ erklärte Özen-Otto: „Wir haben erkannt, dass viele sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sich aufgrund fehlender Perspektiven, Chancen und Motivation einfach hängen lassen und dann in die kriminelle oder gewalttätige Szene abrutschen. Wir haben sie zu uns in die Boxhalle geholt und versuchen ihnen beizubringen, was wirklich zu Anerkennung und Erfolgen im Leben führt: Fleiß, Disziplin und – ganz wichtig – Respekt.“

Zu den ersten Profiboxern bei Özen-Ottos Universum Boxing gehörten die Harutyunyan-Brüder Artem und Robert. Beide waren zuvor Aushängeschilder des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV), zudem krönte Artem seine Laufbahn im olympischen Boxen mit Bronze bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro.

Robert fungiert seit 2020 als Sportdirektor von „Kampf deines Lebens“ und ist jemand, der sich alles hart erarbeiten musste, auch seine sportlichen Erfolge. Der Ex-Profi weiß, dass gerade der Boxsport ein Ventil sein kann – und dass alle, solange sie an sich glauben, jeden Teufelskreis durchbrechen können. Er sieht seine Mission darin, diesen Glauben zu wecken und zu nähren.

Harutyunyan entwickelt auch Leistungsboxer

Bei „Kampf deines Lebens“ ist Robert eine One-Man-Show: Von der Organisation, über die Strukturen bis hin zum Training gestaltete er vieles neu und entwickelte auch Leistungsboxer, die international um Medaillen kämpfen.

Sechs Mal pro Woche, jeweils von 18.00 Uhr bis 20.30 Uhr, wird auf dem Gelände der „Alten Marzipanfabrik“ am Friesenweg in Hamburg-Ottensen trainiert. Die Luft in der schicken Trainingsstätte riecht nicht nach Süßgebäck, sondern nach Schweiß und dem Leder der Sandsäcke, auf die die Sportler eindreschen. Robert trainiert dort Kinder, Anfänger und Fitnessboxer. Darüber hinaus gibt er spezielle Frauenkurse und coacht auch die Leistungsboxer. 300 Mitglieder hat der Klub, wobei die Anzahl der Kursteilnehmer zwischen 30 und 35 schwankt.

Vorteilhafte Nähe zu Universum

Als ehemaliges DBV- und Universum-Ass ist die Ausbildung der Wettkampfboxer sein Steckenpferd. Es sind siebenundzwanzig an der Zahl. Mehrmals im Monat ist Robert mit seinen Kämpfern auf Turnieren anzutreffen. Zur Vorbereitung auf Meisterschaften besucht der Ältere der beiden Harutyunyan-Brüder mit seinen Athleten den Bundesstützpunkt Schwerin. Die Nähe zu Universum birgt auch Vorteile, die kaum ein anderer Verein hat: Zum Wettkampfsparring kann er die Universum-Profis einladen, die kurzen Wege machen es möglich. Darüber hinaus richtet „Kampf deines Lebens“ vier eigene Turniere im Jahr aus. Die „KDL-Fight-Nights“ und das „Christmas Boxen“ sind landesweit bekannt.

Robert ist mit den Lehrern seiner Sportler im Austausch. Bei schlechter Rückmeldung seitens der Pädagogen gibt es ein Gespräch zwischen ihm und dem Boxer. Meistens läuft es darauf hinaus, dass die betreffenden Jungs und Mädels vom Training ausgeschlossen werden, bis die Noten wieder anziehen. Gleiches gilt bei Zeugnissen: Gute Noten bedeuten Bonustraining, schlechte hingegen Suspendierung.

Zahlreiche Titel für den Verein

Roberts sportliche Maßnahmen greifen: 2021 stellte der Verein sechs Hamburger und vier Norddeutsche Meister. Ein Jahr später brachte „Kampf deines Lebens“ Verein vier weitere Hamburger Meister heraus, außerdem gewannen Shmavon Hovhannisyan und Miles Okay Titel als Deutsche Meister. 2023 holten fünf seiner Vereinsboxer den Hamburger Meistertitel – und Miles Okay belegte auf der U19‑Europameisterschaft im Limit bis 51 kg den 2. Platz. In diesem Jahr qualifizierte sich Islam Agaev für die Deutschen Meisterschaften der Elite in Halle/Saale, weshalb man in der „Alten Marzipanfabrik“ auf eine Medaille hofft.

„Bundeskader und Sportfördergruppe. 2028 werden wir Olympia in Angriff nehmen“, sagt Sportdirektor Robert Harutyunyan (r.) über seinen Schützling Miles Okay. (Foto: privat)

Für Miles Okay prognostiziert Robert eine glänzende Zukunft: „Bundeskader und Sportfördergruppe. 2028 werden wir Olympia in Angriff nehmen.“ Auch bei den Frauen ist ein Leistungsschub absehbar. „Saphir Seifert will nach ihrem Abi die DM ins Visier nehmen und drei weitere Talente sind bereit“, so der Coach.

Ausgezeichnet mit Integrationspreis

Trotz unterschiedlicher Gruppen, Alter und Leistungsstände: Das Miteinander, das Füreinander und der Zusammenhalt werden ebenso wie das soziale Engagement und die sportliche Leistung unbedingt gefördert. „Quality Time“, nennt es Robert. Damit sind die eigenen Boxveranstaltungen, Bowling-Turniere, gemeinsame Essen und Kinobesuche gemeint. Höhepunkt ist das jährliche Grillfest im Sommer.

2022 zeichnete die Altonaer Bezirksversammlung den Verein „Kampf deines Lebens“ mit dem Integrationspreis aus. „Der Verein leistet sehr gute Arbeit für Kinder und Jugendliche in unserem Bezirk“, lobte Amtsleiterin Stefanie von Berg. Dem Lob schließen wir uns gerne an.

Text: Wolfgang Wycisk