TSV 1860 München: Zwischen Mission und Vision

Die Arbeit, die in der Box-Abteilung des TSV 1860 München geleistet wird, ist seit Jahren erfolgreich. Dafür stehen nicht zuletzt die aufstrebenden Coaches Alfonso Fusco und Raschad Pekpassi.

Alfonso Fusco (l.) und Raschad Pekpassi stehen nicht nur für erfolgreiche Trainerarbeit beim TSV 1860 München, sondern sie planen auch die Zukunft der Box-Abteilung. (Foto: Privat)

Warum ist die Boxabteilung des TSV 1860 München seit Jahren so erfolgreich? „Weil wir dieselbe Sprache sprechen!“ Eine einfache und klare Antwort, die das Erfolgsgeheimnis der „Löwen“ aus der bayerischen Landesmetropole auf den Punkt bringt. Sie stammt von Raschad Pekpassi, einem der beiden recht jungen und frischen Trainer, die beim Traditionsklub aus München-Giesing in den letzten Jahren neuen Schwung hereingebracht haben. Der Koloss aus München spricht dabei über sich und seine Kollegen im Traineramt, die einen regen Austausch pflegen und sich so gegenseitig immer wieder ergänzen.

Die anderen Trainer, das sind vor allem Alfonso Fuscoundder „ewige“ Ali Cukur. Letzterer leitet die Box-Abteilung noch immer und das seit 1988. Der Mann mit türkischen Wurzeln ist auch weiter aktiv am Steuer der 700 Mitglieder großen Abteilung, doch so langsam gibt er die Verantwortung mehr und mehr ab. „Alfonso war einer meiner besten Boxer und er hat alles stets sehr gut umgesetzt. Da war ich mir sicher, er kann das auch gut weitergeben“, sagt Cukur. „Und Raschad hatte als Sportlehrer einen natürlichen, guten Umgang mit den Jugendlichen.“ Der „Leitlöwe“ klingt dabei stolz und zuversichtlich. Das kann er auch sein, denn: Die beiden aufstrebenden Coaches untermauern ihre Ideen mit klaren Resultaten.

Mehr Möglichkeiten

Mehrere deutsche Meisterschaften und unzählige bayerische Meistertitel kamen unter der Ägide von Fusco und Pekpassi in den Vitrinenschrank der Sechziger. Die erstmalige Teilnahme an der Box-Bundesliga 2022 war dazu ein weiteres gigantisches Highlight der letzten Jahre, die Münchner wurden am Ende Dritter. Weitere kurzfristige Erfolge: die Auszeichnung als bester Verein bei den oberbayerischen Meisterschaften in diesem Jahr sowie das Stellen von sechs Teilnehmern bei den Deutschen Meisterschaften der Elite 2023 – bayerischer Rekord.

Seit 2017 widmen sich Fusco, 41, und der acht Jahre jüngere Pekpassi passioniert ihrem Trainerjob, das mit immer mehr Hingabe und zeitlichem Aufwand. Die Trainingsmöglichkeiten der Fighter vergrößerten sich unter dem Trainerduo von zwei Mal auf sechs Mal, dazu gibt es beim TSV im Bereich Athletiktraining mittlerweile völlig andere Möglichkeiten als zuvor. Raschad Pekpassi arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Personal Trainer und blickt daher noch weit über den Tellerrand des Boxens hinaus.

Kennengelernt haben sich die beiden Coaches bereits als Athleten im Jahr 2012, die A-Lizenz erwarben sie zusammen, während Corona 2020 mit einer Abschlussnote von 1,0. „Disziplin, Bereitschaft und Respekt sind die wichtigsten Dinge bei uns“, sagt Alfonso Fusco, der selbst über 180 Fights bestritten hat. Auch großes Durchhaltevermögen fordert das Trainerduo, jeder Athlet geht den „Weg eines Boxers“. Um diese großen Werte auch im entsprechenden Rahmen zu lehren, haben die beiden Macher Großes vor. In möglichst naher Zukunft wollen Fusco und Pekpassi im Münchner Stadtteil Berg am Laim ein eigenes Gym (der derzeit favorisierte Name für die Athletenschmiede lautet „Alpha-Ring“) einweihen. In Kooperation mit dem TSV 1860 und auch auf eigenen Beinen. Die Wittelsbacher Halle hätte dann ausgedient. Als sich BOXSPORT selbst ein Bild der langjährigen Trainingsstätte macht, sehen wir warum: Das Equipment wirkt veraltet und steht in keiner Relation zur hohen sportlichen Qualität, die dort täglich ihrer Arbeit nachgeht. Schließlich schnüren bei den Münchner Löwen deutsche Kader-Athleten die Handschuhe.

Neues Gym in München

Randy Botikali, Jessica Vollmann, Tatjana Obermeier und Yasse Cisse sind derzeit die größten Namen unter der Sechziger-Flagge. Auch Magomed Schachidov, Starter für den DBV bei Olympia 2024, stammt aus der Box-Schmiede des Traditionsvereins. Von den aufstrebenden Fightern hat vermutlich Botikali aktuell das größte Potenzial, er zieht demnächst auch an den Olympia-Stützpunkt Heidelberg. Insgesamt liefert Bayerns bester Klub ab, und das seit vielen Jahren.

Dieses große Potenzial benötigt den entsprechenden Rahmen. In den Räumlichkeiten der stadtbekannten „Macherei“ im Münchner Osten soll das neue Gym auf 1.100 Quadratmetern entstehen. Eine eigene Physiotherapie sowie fundierte Programme für die Persönlichkeitsentwicklung sind Teil der Planungen und könnten das Studio noch mal von anderen Box-Gyms abheben. Zudem ist es „unser Ziel, hier langfristig einen Olympia-Stützpunkt aufzubauen“, betont Pekpassi mit Klarheit im Blick. Bisher fehlt Bayern ein solcher. Große Pläne, doch diese werden seit langer Zeit durchdacht. Bereits vor eineinhalb Jahren begannen die beiden Freunde mit den ersten Ideen und Schritten. Gespräche mit möglichen Investoren laufen bereits seit einiger Zeit, Interessenten am Sport-Projekt können sich jederzeit melden.

Der soziale Aspekt des Projekts ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. „Wir holen die Jungs von der Straße zu uns ins Training“, erklärt Pekpassi. Unter den Löwen-Fightern sind auch viele Flüchtlinge und Migranten. Das alte Klischee ist so wahr und auch so gut. Statt kriminell zu werden, finden die jungen Boxer beim TSV 1860 ein neues Zuhause. Genau diese Heimat soll in Zukunft das neue Gym bieten. Ein Ort, der sportliche Höchstleistungen mit ehrenhaftem Engagement für die Jugend verbindet. Das ist Münchens derzeit größte und ambitionierte Box-Vision.

Text von Roman Horschig