On this Day: Maske vs. Rocky II

Ein Meilenstein deutscher Box-Geschichte: Genau heute vor 30 Jahren stehen sich Henry Maske und Graciano Rocchigiani zum zweiten Mal in einem WM-Kampf gegenüber.

Deutsch-deutscher Showdown im Halbschwer: Im Duell „Maske vs. Rocky II“ am 14. Oktober 1995 verteidigte IBF-Weltmeister Henry Maske (l.) seinen Titel gegen Graciano Rocchigiani (r.). (Foto: Getty Images / Mark Sandten)

Am 14. Oktober 1995 schreibt der deutsche Boxsport ein weiteres Kapitel seiner goldenen Ära: In der Münchner Olympiahalle stehen sich mit Henry Maske und Graciano Rocchigiani zwei der größten Namen ihrer Zeit zum zweiten Mal gegenüber. Es ist der deutsch-deutsche Showdown schlechthin – ein Duell zwischen Gentleman und Bad Boy, zwischen Ost und West, zwischen Stil und Wut.

Der Rückkampf um die Ehre

Schon das erste Aufeinandertreffen am 27. Mai 1995 in der Dortmunder Westfalenhalle ist ein nationales Ereignis. Unter dem Motto „Eine Frage der Ehre“ verteidigt IBF-Weltmeister Henry Maske seinen Titel damals nach Punkten gegen den bissigen Herausforderer Graciano Rocchigiani – allerdings hochumstritten. Viele Fans und Experten sehen den Berliner vorn, der den Champion über weite Strecken unter Druck setzt. Rocchigiani spricht offen von Betrug.

Maske, sonst als taktisch überlegener Techniker bekannt, wirkt in Dortmund ungewohnt nervös. „Ich bringe definitiv nicht die Leistung, die ich auch von mir selbst erwarte“, sagt er später rückblickend. Der Wunsch nach Wiedergutmachung ist es, der den Gentleman aus Frankfurt (Oder) schließlich dazu bringt, statt einer Pflichtverteidigung gegen den Jamaikaner Duran Williams das direkte Rematch mit Rocchigiani zu wählen.

Ein Kampf, der Deutschland elektrisiert

Als die Rivalen im Oktober 1995 erneut in den Ring steigen, ist die Spannung greifbar. Die Olympiahalle ist restlos ausverkauft, Millionen verfolgen das Spektakel live im Fernsehen. Mit 17 Millionen Zuschauern erreicht „Maske vs. Rocky II“ eine Einschaltquote, von der heutige Boxveranstaltungen nur träumen können – ein Rekord, der den Box-Boom der 1990er Jahre in Deutschland perfekt widerspiegelt.

Maske steht inzwischen für Präzision, Disziplin und sportliche Eleganz – der „Gentleman im Ring“. Rocchigiani dagegen verkörpert das ungeschliffene Gegenteil: kantig, unberechenbar, leidenschaftlich – der „Bad Boy“ des deutschen Boxens. Ihr Gegensatz fasziniert die Massen.

Maske in Bestform – Rocchigiani ohne Antwort

Im Gegensatz zum ersten Duell kontrolliert Maske diesmal das Geschehen von Beginn an. Er agiert beweglicher, kontert präzise mit der Führhand und lässt Rocchigiani kaum Raum, seinen Rhythmus zu finden. Runde für Runde baut Maske seine Dominanz aus. „Ich spüre, dass mein Konzept aufgeht und Graciano sukzessive müder und langsamer wird“, sagt Maske im Rückblick. „Im Rückkampf bin ich sehr fokussiert und weiß genau, was auf mich zukommt.“

Nach zwölf klaren Runden entscheiden die Punktrichter einstimmig zugunsten des Champions. Henry Maske verteidigt seinen IBF-Weltmeistertitel zum achten Mal und festigt endgültig seinen Ruf als Symbol des deutschen Boxbooms. Für Rocchigiani bleibt trotz der Niederlage der Status als Kultfigur – streitbar, authentisch, kompromisslos.

Ein Duell mit Legendenstatus

Das Rückmatch zwischen Maske und Rocchigiani gilt schon damals als einer der bedeutendsten Kämpfe der deutschen Boxgeschichte. Es ist mehr als ein sportlicher Wettkampf – es ist ein kulturelles Ereignis, das Millionen bewegt und das Boxen in Deutschland endgültig in den Mainstream katapultiert.

Maske bleibt bis zu seinem Rücktritt 1996 Weltmeister und wird zur Symbolfigur des fairen Sports. Rocchigiani dagegen bleibt der unbequeme Kämpfer, der nie den einfachen Weg wählt. Zusammen schreiben sie an diesem 14. Oktober 1995 ein Stück deutscher Sportgeschichte.

„Maske vs. Rocky II“ – das ist mehr als ein Rückkampf. Es ist die Vollendung einer Rivalität, die eine ganze Nation fesselt.